Enzyme sind Eiweiß-Moleküle, die in allen Lebewesen unzählige Prozesse steuern und beschleunigen. Sie tragen vor allem dazu bei, dass Stoffe gespalten und damit besser verarbeitet werden.
Enzyme (früher Fermente genannt) sind Eiweiß-Moleküle, die über biochemische Reaktionen unermüdlich nahezu alle Lebensformen beeinflussen, steuern, effektiver machen und beschleunigen (katalysieren). Diese Millionen kleiner Bausteine tragen zum Leben von Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren bei. Im menschlichen Körper starten, aktivieren, regulieren und beenden sie unzählige biologische Prozesse im Stoffwechsel, in der Zelle, in den Körperflüssigkeiten und in den Geweben.
Grundstrukturen von Enzymen
Enzyme sind Ketten von Aminosäuren, die vom Körper selbst hergestellt werden. Die einzelnen Enzyme unterscheiden sich dabei jeweils in der Zahl und Reihenfolge der Aminosäureketten. Diese sind gefaltet oder wie ein Knäuel zusammengerollt und haben ein "aktives Zentrum", eine kleine Öffnung, die als sicheres Schloss funktioniert. Ein Enzym zieht nur die genau in sein spezielles "Schloss" passenden Stoffe an. Im allgemeinen ist die grundlegende Aufgabe von Enzymen die Spaltung von Substanzen, nur wenige Enzyme können Substanzen synthetisieren. Die meisten Enzyme können nur eine einzige Aufgabe erfüllen, sie wiederholen diese ständig und werden dabei nicht verbraucht. Um kompliziertere Aufgaben zu lösen, schließen sich Enzyme zu Gruppen und Kaskaden zusammen, dabei werden Sicherungssysteme eingeschaltet, um Fehler zu verhindern. Die Lebenszeit von Enzymen ist verschieden, einige leben nur wenige Minuten, andere bis zu einigen Wochen. Mit zunehmendem Alter verlieren Enzyme ihre Passgenauigkeit und werden dann von anderen Enzymen gespalten und abgebaut.
Enzyme im menschlichen Körper
Tausende von Enzymen tragen dazu bei, dass nahezu alle Körperfunktionen besser ablaufen.
Beim Menschen sind heute über 2.700 Enzyme bekannt. Fachleute schätzen, dass im Körper weitaus mehr Enzyme vorhanden sind, es könnten bis zu 50.000 sein. Enzyme sind ständig mit dem Abbau großer Moleküle beschäftigt. Sie verbinden kleinere Moleküle untereinander, bauen Eiweiß, Stärke und Fette um, und sie steuern den Abbau, die Verdauung und Gärung vieler Stoffe. Der Magensaft enthält beispielsweise neben der Salzsäure Enzyme, die Proteine spalten können (Pepsin und Kathepsin) und den Abbau von Kohlenhydraten vorbereiten. Für die weitere Verarbeitung der Nahrung liefert die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) enzymhaltige Verdauungssäfte an den Zwölffingerdarm. Sie helfen, Proteine, Fette und Kohlenhydrate zu kleinen, leicht verwertbaren Substanzen abzubauen. Enzyme sind auch an den weiteren Stationen der Nahrungsverwertung im Dünndarm (Jejunum und Ileum) beteiligt. Enzyme spielen außerdem eine wichtige Rolle bei der Gewinnung von Energie (Atmungskette und Zitronensäurezyklus) und im Immunsystem. Sie verbessern die Fließeigenschaften des Blutes, tragen zur Bildung von Hormonen bei, unterstützen die Fortpflanzung und helfen bei der Reparatur des genetischen Codes.
Enzyme und ihre Funktionen im Körper
Enzyme steuern den gesamten Stoffwechsel im Körper, besonders wichtig sind sie für die Verdauung, das Immunsystem und das Blut.
– Enzyme steuern den gesamten Stoffwechsel
– Enzyme regeln die Verdauung
– Enzyme stärken das Immunsystem
– Enzyme fördern die Entgiftung schädlicher Stoffe
– Enzyme bekämpfen Infektionen durch Bakterien und Viren
– Enzyme verringern Schwellungen, Entzündungen und Schmerzen
– Enzyme neutralisieren entzündliche Mediatoren (z.B. Kinin, Prostaglandin)
– Enzyme verringern Ödeme
– Enzyme beschleunigen die Wundheilung und verringern Narbenbildungen
– Enzyme förden das gesunde Zellwachstum
– Enzyme halten das Blut flüssig und lösen Fibrin (Stoff bei der Blutgerinnung) auf
– Enzyme sorgen für die Flexibilität der roten Blutzellen
– Enzyme hemmen die Ansammlung von Blutplättchen (u.a. Thrombozyten)
Enzyme und ihre Haupt- und Untergruppen
Enzyme werden entsprechend ihrer Funktion in verschiedene Klassen und Untergruppen eingeteilt, denen wiederum viele einzelne Enzyme angehören.
1. Oxireduktasen | ermöglichen biologische Oxidation und Reduktion (Redoxaktionen) Dehydrogenasen
Oxidasen, Oxigenasen |
2. Transferasen | übertragen chemische Gruppen zwischen Molekülen |
3. Hydrolasen | spalten Verbindungen mit Hilfe von Wasser Proteinasen (bzw. proteolytische Enzyme) spalten Proteine Amylasen spalten Kohlenhydrate Lipasen spalten Fette |
4. Lyasen | bilden oder öffnen Doppelbindungen zwischen Atomen |
5. Isometasen | bauen chemische Gruppen innerhalb eines Moleküls um |
6. Ligasen | bauen bestimmte chemische Verbindungen auf DNA-Ligasen Synthetasen Carboxylasen |
Coenzyme unterstützen Enzyme
Enzyme können ihre Aufgaben nicht immer allein bewältigen. Einigen fehlt ein spezielles Teilstück, das ein Co-Enzym als Bestandteil der Nahrung liefert. Eine Reihe von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen können als Co-Enzyme fungieren. Dazu gehören vor allem die Vitamine B1, B2, B6 und B12 sowie C, dazu Eisen, Kupfer, Nickel, Magnesium, Mangan, Molybdän, Natrium, Selen und Zink. Letzteres ist als Co-Enzym an der Bildung von rund 80 Enzymen beteiligt. Co-Enzyme werden im Gegensatz zu den Enzymen bei ihren Aufgaben verbraucht. Sie müssen daher ständig regeneriert, erneuert bzw. über die Nahrung zugeführt werden.
Die Entdeckung der Enzyme
Schon im Altertum vermutete man eine geheimnisvolle Kraft als Motor für biologische Umwandlungen, z.B. bei der Entstehung von Alkohol, Käse oder auch beim Gerben von Leder. Daraus entwickelte sich die Kunst der Alchimie, mit der man bis ins Mittelalter hinein versuchte, verschiedene Stoffe vor allem in Gold umzuwandeln. Das gelang zwar nicht, aber bei den Versuchen entdeckte man u.a., dass Alkohol nicht durch Reifung oder Alterung entstand, sondern durch den Prozess der Gärung, die durch Fermente hervorgerufen wird. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts begannen Naturwissenschaftler, Fermente genauer in ihren Wirkweisen zu erforschen. Bekannte Forscher waren u.a. René-Antoine Ferchault de Réaumur, Justus von Liebig, Louis Pasteur und Jöns Jacob Freiherr von Berzelius. Ende des 19. Jahrhunderts erhielten diese vorher als Fermente bezeichneten Substanzen von dem deutschen Philosophen und Mediziner Wilhelm Kühne ihren neuen Namen Enzyme.
Enzyme in der Medizin
Die moderne Enzymtherapie kombiniert Enzyme aus pflanzlichen und tierischen Quellen. Sie tragen u.a. dazu bei, Entzündungen zu lindern, stärken die Verdauung und das Immunsystem.
Die heilenden Wirkungen von Enzymen sind in der Naturheilkunde seit der Antike bei vielen Völkern und in fast allen Erdteilen bekannt, wie viele Überlieferungen zeigen. In der Bibel wird beispielsweise der kranke Hiskia durch ein Feigenpflaster von Geschwüren geheilt. Erst später erkannte man, dass die heilende Wirkung vieler Pflanzen u.a. auf dem Gehalt von Enzymen beruhte, so enthalten Feigen das Enzym Ficin.
Enzyme können zu diagnostischen Zwecken eingesetzt werden. Sie tragen u.a. dazu bei, Krankheiten der Leber oder den Verdacht auf Herzinfarkt zu klären. Gehen beispielsweise Zellen des Herzmuskels zugrunde, wird das Enzym Creatininkinase (CK) in die Blutbahn freigesetzt. Sind die CK-Werte erhöht, gilt der Herzinfarkt als bestätigt.
Enzyme – vor allem aus der Gruppe der Hydrolasen – können zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden, um Störungen im Stoffwechsel, in den Organfunktionen oder bei der Zellbildung zu verbessern. Die Enzymtherapie wurde von Professor Dr. med. Max Wolf begründet, der zusammen mit der Zellbiologin Dr. Helen Benitez über Enzyme forschte. Sie kombinierten verschiedene Enzyme aus pflanzlichen und tierischen Quellen (WOBE-Präparate). Da Enzyme nicht artspezifisch wirken, entfalten sie ihre Wirkungen auch im menschlichen Körper. Die Gabe einzelner Enzyme ist dabei meist nicht empfehlenswert, Kombinationen sind wirksamer.
Enzyme helfen bei der Regulation des Immunsystems
Enzyme gehören zu den Immunmodulatoren (Biological Response Modifiers), die in verschiedene Prozesse des Immunsystems eingreifen:
Proteolytische Enzyme
– hemmen Entzündungen und bauen Schwellungen der Schleimhaut-Membranen ab, außerdem werden Zellfragmente und Entzündungs-Mediatoren sowie Eiweißmoleküle, die ein Ödem verursachen können, abgebaut
– verbessern die Fließeigenschaft (Viskosität) des Blutes, steigern die Flexibilität der Blutplättchen und hemmen deren Zusammenballung und erhöhen die fibrin-auflösende Aktivität im Blut
– unterstützen den Abbau schädlicher Immunkomplexe und hemmen ihre zellzerstörende Wirkung, regen die Aktivität der Fresszellen an (Phagozytose) und regulieren das Immunsystem
Was ist bei der Einnahme von Enzymen zu beachten
Enzyme müssen in relativ großen Mengen eingenommen werden, da ein Teil auf dem Weg durch den Körper zerstört wird. Die Einnahme sollte nach therapeutischer Empfehlung erfolgen. Enzyme sollten für die entzündungshemmende Wirkung bei Verletzungen auf nüchternen Magen und über den Tag verteilt eingenommen werden (ca 1,5 Stunden vor oder nach dem Essen). Bis eine Wirkung eintritt, kann es einige Zeit dauern. Werden Enzyme zu den Mahlzeiten eingenommen, fördern sie die Verdauung.
Durch die Einnahme von Enzymen können evtl. andere Medikamente in der Dosierung gesenkt werden. Umgekehrt können einige Medikamente, z.B. Antibiotika, Steroide (Kortisone) und Zytostatika, Enzyme hemmen. Gleichzeitige Einnahmen von Enzymen und anderen Medikamenten sollten daher jeweils von einem Therapeuten kontrolliert werden.
Mögliche Nebenwirkungen von Enzymen
Der Stuhl kann sich vorübergehend in Farbe, Beschaffenheit und Geruch verändern, was in der Regel nach einigen Tagen der Einnahme verschwindet. In seltenen Fällen wird die Gasbildung im Darm gesteigert.
Wann sollten Enzyme nicht eingenommen werden?
Enzyme sollten nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden. Da Enzyme die Dünnflüssigkeit des Blutes verstärken, sollten sie nicht von Blutern bzw. bei erhöhter Dünnflüssigkeit des Blutes angewendet werden.