Die Schilddrüse und die Ernährung

Die Schilddrüse ist eine endokrine Drüse mit Sitz im unteren Halsbereich. Sie bildet Hormone, die wichtigsten sind Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Diese werden im Energiestoffwechsel, für das Zellwachstum und den gesamten Organismus benötigt. Zur Bildung von Hormonen benötigt die Schilddrüse das Spurenelement Jod als wichtigen Baustein. Gute Schilddrüsenfunktionen sind vom Verzehr jodhaltiger Lebensmittel oder Ergänzungen abhängig.

In vielen Regionen der Erde, darunter Deutschland, ist die Versorgung mit Jod aus Lebensmitteln in der Regel nicht ausreichend, um den täglichen Jodbedarf zu decken. Jodmangelkrankheiten sind entsprechend weit verbreitet. Sie sind durch die Prävention mit geeigneten Jodzufuhren vermeidbar.


Die Versorgung mit Jod
Jod ist in vielen Regionen aus den oberen Erdschichten ausgewaschen und daher in den Böden kaum noch vorhanden. Entsprechend gering ist sein Anteil an der Nahrungskette über Pflanzen und Tiere. Jodsalze haben sich stattdessen im Meerwasser angereichert. Meersalz und Meerestiere enthalten gute Jodmengen, sie werden jedoch oft nur in geringen Mengen verzehrt und reichen für eine angemessene Jodversorgung nicht aus. Da Deutschland zu den Jodmangelgebieten gehört, ist es erlaubt, industriell produzierte Lebensmittel mit Jodsalz zuzubereiten und in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung Jodsalz zu verwenden.

Auf freiwilliger Basis kann Jodsalz auch im Haushalt verwendet werden. Untersuchungen zeigen, das dies für die Deckung des Defizits allein nicht ausreicht. Rund 60 % der Frauen und 50% der Männer nehmen in Deutschland nicht genügend Jod mit ihrer Ernährung auf. Rund 17% der Bevölkerung gelten als stärker unterversorgt. Bei ihnen besteht das Risiko für eine Unterfunktion der Schilddrüse mit dem Mangel an Schilddrüsenhormonen. 30 bis 50% leiden an einer Struma (Kropf). Man geht davon aus, dass das tägliche Joddefizit bei Erwachsenen ca. 120 bis 150 Mikrogramm (mcg) beträgt, bei Kindern fehlen 50 bis 100 mcg. Schwangere und stillende Frauen haben einen erhöhten Jodbedarf, ihr Defizit ist oft noch höher.

Das Joddefizit und der Mangel an Schilddrüsenhormonen können den Verlauf der Schwangerschaft und die Gesundheit des Fötus (Entwicklung des Zentralen Nervensystems, Kretinismus) beeinträchtigen. Schwangere und stillende Frauen sollten Jodergänzungen jedoch nur in therapeutisch kontrollierten Dosen einnehmen.

Der tägliche Jodbedarf abhängig vom Lebensalter*

Säuglinge  
bis zum 4. Lebensmonat 40 mcg
vom 4. Monat bis 1 Jahr    80 mcg

 

Kinder   
1 bis 4 Jahre  100 mcg 
4 bis 7 Jahre  120 mcg
7 bis 10 Jahre  140 mcg
10 bis 13 Jahre       180 mcg

 

Jugendliche und Erwachsene  
13 bis 51 Jahre 200 mcg
ab 51 Jahren 180 mcg
Schwangere Frauen 230 mcg
Stillende Frauen 260 mcg

*Referenzwerte der DGE e.V. für Deutschland und Österreich (2008)


Die Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose)
Eine gesunde Schilddrüse kann vorübergehend Unterversorgungen mit Jod tolerieren. Über längere Zeit können Joddefizite die Funktion der Schilddrüse stören. Die Unterfunktion kann verschiedene Ursachen haben. Dabei spielt die ausreichende Versorgung mit den Mikro-Nährstoffen Jod, aber auch mit den Vitaminen A und B-Komplex sowie mit den Spurenelementen Eisen, Selen und Zink eine wichtige Rolle. Auch Nahrungsmittel-Reaktionen oder Drogenmissbrauch können die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen.

Schon kleine, meist unbemerkte Unterfunktionen können das körperliche und psychische Befinden beeinflussen. Ist der Jodmangel stärker, sinkt die Produktion der Schilddrüsenhormone und ihre Freisetzung ins Blut ab, ein Zeichen für eine manifeste Unterfunktion. Zu den typischen Merkmalen gehören u.a. Müdigkeit, Schwäche, Kälteempfindlichkeit, Depressionen, erhöhte Cholesterin- und Blutfettwerte, Muskelschmerzen, gestörte Skelettbildung und trockene Haut, Haare und Nägel.

Auch eine leichte Anämie kann durch den Mangel an Eisen und Folsäure entstehen. Eine schwach funktionierende Schilddrüse verlangsamt den Stoffwechsel, das fördert Gewichtszunahmen, auch wenn die Essgewohnheiten unverändert bleiben.


Die Entwicklung der Struma (Kropf)
Bei einer leichten Hypothyreose steigt der Serum-TSH-Spiegel in der Schilddrüse an. Dieses Hormon der Hypophyse benötigt die Schilddrüse, um ihre Hormone zu bilden. Hält das Joddefizit über längere Zeit an, erhöht sich das Zellvolumen, dadurch vergrößert sich die Schilddrüse. Es entsteht die Struma, oft auch Kropf genannt. Abhängig von der Strumagröße können die Luft- und Speiseröhre eingeengt werden. Bei einer Struma steigt das Risiko, dass sich langfristig, vor allem mit zunehmendem Alter, Knoten bilden. Man unterscheidet kalte, funktionslose Knoten und heiße Knoten. Letztere bilden unreguliert Hormone und können sich zu gut- oder bösartigen Geschwulsten (Adenom bzw. Karzinom) entwickeln.

Da in Jodmangelgebieten nicht alle Menschen von einer Struma betroffen sind, nimmt man an, dass genetisch bedingte Störungen der Jodverwertung die Entwicklung der Struma begünstigen. In Deutschland ist die Struma weit verbreitet. Sie kann schon bei Neugeborenen oder im Kleinkindalter beginnen. Eine Untersuchung aus den 90er Jahren in 32 deutschen Regionen zeigte, dass 21% der Kinder unter 10 Jahren, 52 % der 11- bis 18-Jährigen und 50% der 18- bis 70-Jährigen eine Struma haben. Generell sind Mädchen und Frauen häufiger betroffen, und die Vorkommen nehmen im höheren Alter zu.

Mit einer präventiven Jodversorgung in allen Lebensaltern könnten die Vorkommen der Struma deutlich verringert werden. Nicht immer muss die Struma behandelt werden, das hängt u.a. vom Strumagrad und Beschwerden ab. Zur Therapie werden vor allem Jodid und Thyroxin eingesetzt. In schweren Fällen kann die Radiojodtherapie oder evtl. eine Operation (bei Knoten) nötig sein.

Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse sollten einige Nahrungsmittel gemieden werden: Das gilt u.a. für Kohl, Sojabohnen, Hirse, Erdnüsse und Pinienkerne. Sie können dazu beitragen, dass die Bildung von Schilddrüsenhormonen gehemmt wird.


Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose)
Eine gesunde Schilddrüse kann Jod bis zu etwa einem Milligramm täglich bzw. kurzfristig erhöhte Joddosen tolerieren. Ist die Schilddrüse jedoch bereits geschädigt, z.B. durch eine Struma, reagiert sie auf hohe Jodzufuhren empfindlicher. Haben sich in einer Struma heiße Knoten gebildet, steigt das Risiko für die Überfunktion. Die Zufuhr größerer Jodmengen (z.B. durch jodhaltige Röntgenkontrastmittel oder Medikamente) kann zur Hyperthyreose führen, bei der sich die Bildung von Schilddrüsenhormonen übermäßig steigert. Vor allem bei älteren Menschen kann die Hyperthyreose das Risiko für Störungen in den Herzfunktionen und für einen Krebs der Schilddrüse erhöhen.


Ernährungsempfehlungen
Jodhaltige Lebensmittel: Gute Jodmengen sind enthalten in Seefischen (z.B. Sardinen, Steinbutt, Schellfisch), Meeresfrüchten (Muscheln, Austern, Algen) und Meersalz, eher geringe Werte haben Rotbarsch, Thunfisch und Hartkäse.

Jodergänzung über angereichertes Speisesalz: Jodhaltiges Salz kann im Haushalt und in Gemeinschaftsküchen zur Zubereitung von Speisen und zum Zusalzen verwendet werden. Hersteller von Lebensmitteln können Jodsalz zur Zubereitung von Back-, Käse, Fleisch- und Wurstwaren etc. verwenden.

Jodergänzung über Tabletten oder Jodtinkturen: Ob die Eränzung empfehlenswert ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. In Deutschland hat die Wohnregion einen starken Einfluss. Es besteht ein Nord-Süd-Gefälle, der Norden ist jodreicher, der Süden jodärmer. Die Strumavorkommen sind daher im Süden höher.

Allgemein hängt die Jodergänzung mit davon ab, ob Fisch regelmäßig, selten oder nie verzert wird, ob jodiertes Speisesalz im Haushalt verwendet oder gemieden wird und ob der Körder z.B. durch Umweltgifte belastet ist, die Jodaufnahmen hemmen können. Jodergänzungen sollten bei allen Krankheiten nur mit therapeutischer Diagnostik und Empfehlung erfolgen.

Wichtige Mikro-Nährstoffe für die Schilddrüse:
Vitamin A und die B-Komplex-Vitamine sowie die Spurenelemente Jod, Selen und Zink.