Die Gicht gehört zu den klassischen Zivilisationskrankheiten, die mit zunehmendem Wohlstand häufiger auftreten. Sie ist keine Gelenkerkrankung, sondern eine Erkrankung des Purinstoffwechsels. Die Gicht entsteht meist durch eine angeborene Stoffwechselstörung (familiäre Hyperurikämie), zu der umweltbedingte Faktoren hinzukommen. Typisches Merkmal ist, dass die Harnsäurespiegel vorwiegend durch eine Nierenstörung übermäßig ansteigen und Entzündungen in den Gelenken verursachen.
Das Alter, das Geschlecht und die Ernährung beeinflussen dabei die Konzentration der Harnsäure. Die Ernährung spielt bei der Vorbeugung vor Gichtanfällen eine besonders wichtige Rolle. Oft reicht schon allein eine purinarme Ernährung aus, um weitere Gichtanfälle zu verhindern.
Die Rolle der Purine
Purine sind als Substanzen in vielen Lebensmitteln enthalten und können im Körper selbst gebildet werden. Sie sind als Nukleoside und Nukleotide ein wichtiger Teil des Zellkerns und von Koenzymen. Ihr üblicher Bestand im Körper beträgt ca. 1,2 Gramm. Bei ihrem Abbau entsteht Harnsäure. Wünschenswert ist ein Gleichgewicht zwischen der körpereigenen Synthese und der Zufuhr von Purinen aus der Nahrung sowie der Ausscheidung von Harnsäure. Bei der Gicht ist dieses Gleichgewicht gestört, es kommt zu einer übermäßigen Ansammlung von Harnsäure im Blut und in den Geweben, was zunächst ohne Beschwerden abläuft. Die Salze der Harnsäure sind aber schlecht löslich, sie werden daher als Kristalle u.a. in den Gelenken eingelagert.
Die erhöhte Ansammlung von Harnsäurekristallen kann eines Tages zu einem Gichtanfall führen. Typisch sind schmerzhafte Schwellungen und Rötungen der entzündeten Gelenke. Beim ersten Anfall ist meist das Gelenk des großen Zehs betroffen, später können auch andere Gelenke betroffen sein. Wird die Gicht nicht behandelt, gehören weitere Gichtanfälle, chronische Gelenkveränderungen, Gichtgeschwüre, Nieren- und Harnsäurebeschwerden zu den Folgen.
Heute werden erhöhte Harnsäurewerte meist früh erkannt. Betroffen sind rund 3 Prozent aller Männer, die im Alter von 65 Jahren wenigstens einen Gichtanfall hatten. Erhöhte Harnsäurewerte finden sich, abhängig vom Alter und von der Region, bei 10 bis 30 Prozent der Männer, Frauen sind mit 2 bis 6 Prozent erheblich seltener betroffen. Die Vorkommen von Harnsäuresteinen sind bei Gichtpatienten deutlich erhöht, sie liegen bei 20 bis 40 Prozent.
Die Therapie der Gicht
Das Hauptziel der Gichttherapie ist die dauerhafte Senkung der Harnsäure im Körper. Dafür bietet eine purinarme Ernährung die beste Grundlage. Konsequent eingehalten beugt sie erneuten Gichtanfällen vor. Arzneimittel zur Senkung und zur besseren Ausscheidung der Harnsäure können bei konsequenter Umstellung der Ernährung niedriger dosiert oder gar unnötig werden. Sind die Harnsäurewerte nur mäßig erhöht, genügt meist eine purinarme Diät, um sie zu senken. Nur wenn die Diät nicht regelmäßig eingehalten wird oder die Harnsäure stark erhöht ist und Gichtanfälle auftreten, müssen Arzneimittel eingesetzt werden.
Die Ernährung bei Gicht
Grundsätzlich ist eine Ernährung zu empfehlen, die Fett einschränkt und gezielt purinarme Proteine auswählt. Fettreiches Essen steigert die Fettverbrennung im Körper. Dabei entstehen vermehrt Ketonkörper, die die Ausscheidung von Harnsäure beeinträchtigen. Ketonkörper entstehen vermehrt auch beim Fasten, das für Gichtpatienten daher nicht zu empfehlen ist. Werden vermehrt Proteine aufgenommen, steigert dies die Ausscheidung von Harnsäure, wodurch die Spiegel im Körper sinken.
Die hohe Aufnahme von Proteinen geht jedoch oft mit einer hohen Zufuhr an Purinen einher, aus der Harnsäure gebildet wird. Daher sollten Proteinquellen bevorzugt werden, die keine oder nur wenig Purine enthalten, z.B. magere Milch und Milchprodukte. Kohlenhydrate einschließlich der Glukose beeinflussen die Harnsäurespiegel in der Regel nicht.
Übergewicht abbauen - Viele Gichtkranke sind übergewichtig, bei starkem Übergewicht entstehen häufig erhöhte Harnsäurewerte. Gicht tritt dazu oft zusammen mit Diabetes sowie dem metabolischen Syndrom auf, das durch ein bauchbetontes Übergewicht, erhöhte Triglyzeride, niedriges HDL-Cholesterin, Bluthochdruck und eine gestörte Glukosetoleranz gekennzeichnet ist. Mindestens drei der Faktoren müssen zutreffen, um die Diagnose metabolisches Syndrom zu stellen. Gewichtsabnahmen senken die Harnsäurespiegel, fördern die Ausscheidung der Harnsäure und verringern das Risiko für Diabetes und das metabolische Syndrom.
Purine in der Nahrung lebenslang meiden
Purine sind in verschiedenen Lebensmitteln enthalten. Pankreas- und einige andere Enzyme wandeln sie im Körper schnell zu Nukleinsäuren und Proteinen um. Im Lauf weiterer Umbauprozesse entstehen Nukleoside, die zu Harnsäure abgebaut werden. Da aber nicht alle Purine in Lebensmitteln die gleiche Wirkung auf die Harnsäure und ihre Ausscheidung haben, müssen sehr gezielt purinarme Lebensmittel ausgewählt werden, die den Anstieg der Harnsäure wenig oder nicht beeinflussen. Dabei spielen sogar die Lagerung von Lebensmitteln (Temperatur, Dauer) und die Zubereitung eine Rolle. Gekochte Speisen sind bei Gicht günstiger als Gebratenes.
Für fast alle Lebensmittel wird der Puringehalt pro Portion angegeben und kann damit gut bestimmt werden. Eine purinarme Ernährung sollte die Aufnahme von Harnsäure pro Woche auf maximal 3.500 Milligramm (mg) beschränken. Bei einem ernsteren Krankheitszustand kann eine strengere Purinkontrolle angesetzt werden. Dann wird die Purinzufuhr auf maximal 2000 mg Purine pro Woche begrenzt.
Purinreich sind z.B. Fleisch, vor allem Innereien, einige Fische und Schalentiere (Salzheringe, Hummer, Miesmuscheln sowie die Haut von Fischen) und Hülsenfrüchte (Erbsen, weiße Bohnen, Linsen). Höchstens dreimal pro Woche sollten daher Fisch, Fleisch oder Wurst gegessen werden, auf Innereien sollte ganz verzichtet werden. Die Portionen sollten sich jeweils auf 100 Gramm Fleisch und 50 Gramm Wurst beschränken. Hülsenfrüchte und andere purinreiche pflanzliche Lebensmittel sollten gemieden werden, dazu gehören u.a. Kohl und Rosenkohl. Proteine sollten vor allem aus Milch und Milchprodukten aufgenommen werden, da diese purinfrei sind.
Vorwiegend vegetarische Ernährung - Generell ist eine vorwiegend vegetarische Ernährung mit viel Obst und Gemüsen empfehlenswert, die Milch und Milchprodukte einbezieht.
Alkohol meiden - Ein hoher Alkoholkonsum ist einer der wichtigen Risikofaktoren für das Auftreten der Gicht. Erhöhte Mengen von Alkohol verringern die Ausscheidung der Harnsäure über die Nieren, außerdem steigern sie die Bildung von Harnsäure in der Leber. Der Puringehalt ist im Bier mit 15 mg Harnsäure pro 100 Milliliter besonders hoch, die Purine im Bier werden außerdem vom Körper besonders gut aufgenommen. Alkoholfreies Bier ist keine Alternative, da es etwa die gleiche Purinmenge enthält.
Wein enthält zwar keine Purine, wirkt sich durch den erhöhten Alkoholgehalt jedoch auf die Harnsäure aus. Wird außerdem beim Alkoholkonsum wenig gegessen, steigt die Harnsäure weiter an. Bei Gichtkranken wird individuell festgelegt, ob Alkohol völlig gemieden oder eingeschränkt werden soll, dann ist in der Regel täglich maximal ein Glas erlaubt.
Reichlich Wasser trinken - Genügend Wasser trinken hilft, die Harnsäure abzuführen. Mindestens 2 Liter Wasser sollten täglich aufgenommen werden, bei akuten Anfällen mehr. Neben Wasser sind Früchte- und Kräutertees sowie Saftschorlen empfehlenswert.
Antioxidative Mikro-Nährstoffe bei Gicht
In der Therapie steht die geringe Aufnahme von Purinen mit der Nahrung im Vordergrund. Begleitend können Ergänzungen von Mikro-Nährstoffen geeignet sein, die in der Lage sind, antioxidative und entzündliche Prozesse im Körper zu verringern. Das gilt vor allem für Coenzym Q10, Kalzium, Magnesium, Omega-3-Fettsäuren, die Vitamine C und E und Vitamin-B-Komplex, Selen und Zink.