Freie Radikale - zwischen Oxidation und Antioxidation

Freie Radikale sind stark reaktionsfreudige, aggressive Atome oder Moleküle, die ein oder mehrere ungepaarte Elektronen besitzen. Ist in ihrer Umgebung ein Elektron verfügbar, nehmen sie dieses auf. Damit endet ihre Lebensdauer, und es entsteht eine stabilere, für den Körper weniger oder nicht aggressive Verbindung. Freie Radikale sind äußerst kurzlebig, in der Regel existieren sie nur den Bruchteil einer Sekunde, es gibt aber auch Formen mit stabilerer Lebensdauer. Die Bildung freier Radikale im Körper ist ein normaler Prozess beim Stoffwechsel von Sauerstoff, Fetten und Proteinen sowie bei der Immunabwehr.

Auch Sport und eine Ischämie können die Bildung von freien Radikalen auslösen und verstärken. Werden sie schnell abgebaut und umgewandelt, halten sich also oxidative und antioxidative Prozesse im Gleichgewicht, besteht für die Gesundheit keine Gefahr. Nehmen aber freie Radikale übermäßig zu und hält oxidativer Stress über längere Zeit an, können die Gewebe und Funktionen im Körper geschädigt werden.

Freie Radikale können fast alle im Körper vorkommenden Verbindungen oxidativ verändern und beeinträchtigen, langfristig wird durch ein Übermaß die Entstehung von Krankheiten begünstigt. Dazu gehören Altersprozesse, Atherosklerose, Folgeerkrankungen von Diabetes, Demenz, Morbus Parkinson, Rheuma und Krebs.


Freie Radikale im Stoffwechsel
Sauerstoff liefert lebenswichtige Energie für die Zellen, der in den Mitochondrien, den "Kernkraftwerken" der Zellen verbraucht wird. Dabei wird Sauerstoff zu Wasser reduziert. Das geschieht allerdings nicht vollständig, ein kleiner Rest endet als freie Radikale, aggressive chemische Verbindungen von Sauerstoff mit Wasserstoff oder Stickstoff. Im Körper entstehen freie Radikale auch beim Abbau schädlicher Substanzen mit den nötigen Entgiftungsprozessen, die hauptsächlich in der Leber stattfinden. Auch innerhalb immunologischer Prozesse entstehen freie Radikale. So bilden etwa Immunzellen wie Granulozyten und Makrophagen beim Abbau von Bakterien, Pilzen oder Parasiten freie Radikale.


Freie Radiale aus der Nahrung und der Umgebung
Freie Radikale werden nicht nur im Körper selbst gebildet, sondern auch aus der Umwelt und der Nahrung aufgenommen. Typische Quellen sind Strahlenbelastungen (UV-Licht, Strahlentherapie), Zigarettenrauch, Luftverunreinigungen (Ozon, Stickoxide, Autoabgase), Chemikalien, Rückstände in Nahrungsmitteln (Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle) und Medikamente. Die Verzehrbarkeit von Lebensmitteln ist zeitlich begrenzt. Dabei spielt der Kontakt mit Sauerstoff, teilweise auch mit Licht eine wichtige Rolle.

Vor allem Fette nehmen beim Verderben von ungesättigten Fettsäuren und von fettlöslichen Vitaminen ein unangenehmes Aroma an, sie werden "ranzig". Sie verlieren dabei an Nährwert und werden eventuell toxisch. Von Angriffen durch freie Radikale sind hauptsächlich die mehrfach ungesättigten Fettsäuren betroffen, die durch Oxidation beeinträchtigt werden, im allgemeinen Sprachgebrauch heißt das Ranzigwerden. Besonders schädlich wirkt sich oxidiertes LDL-Cholesterin aus, das zur Entstehung atherosklerotischer Ablagerungen (Plaques) an den Gefäßwänden führen kann. Freie Radikale schädigen auch die Proteine und die DNA.


Antioxidanzien als Radikalenfänger
Bei der unablässigen Bildung von freien Radikalen im Körper und bei ihrem ebenso ständigem Abbau sollten die Oxidation fördernde (prooxidative) und hemmende (antioxidative) Prozesse möglichst im Gleichgewicht bleiben. Nehmen Radikale im Körper jedoch überhand, können sie viele Funktionen schädigen. In der Nahrung und im Körper gibt es jedoch viele Substanzen, die einen erhöhten Anstieg von freien Radikalen reduzieren können. Das sind die so genannten Antioxidanzien. Dazu gehören Vitamine und Polyphenole (senkundäre Pflanzenstoffe) aus Gemüse, grünem Tee, Rotwein etc., aber auch einige Enzyme.

Vitamin E - ist ein essenzielles, fettlösliches Antioxidans, das der Oxidation von Lipiden (Lipidperoxidation) entgegenwirkt. Es kann die Stabilität von Zellmembranen, wo Peroxide vorwiegend entstehen, stärken. Hauptsächlich anfällig für Oxidationsprozesse sind die gesunden mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Ist Vitamin E im Körper ausreichend vorhanden, können Radikale, die ungesättigte Fettsäuren angreifen, abgefangen werden.

Die ausreichende Versorgung mit Vitamin E hat auf diese Weise einen Herz- und Kreislauf-schützenden Effekt. Im Lauf des Kettenprozesses beim Abbau von freien Radikalen wird Vitamin E jedoch selbst zum Radikal. Dieses kann mit Hilfe von Vitamin C regeneriert und durch das Enzym Glutathionperoxidase weiter reduziert werden. Nachgewiesen ist, dass eine Unterversorgung mit Vitamin E bei Tieren die Lipidperoxidation im Blut und in den Geweben ansteigen lässt. Gute Quellen für Vitamin E sind Pflanzenöle (z.B. in Weizenkeim-, Sonnenblumen- und Olivenöl).

Vitamin C - schützt vor freien Radikalen (Superoxid, Wasserstoffperoxid, Singulett-Sauerstoff, Hypdroxyl- und Peroxylradikale). Vitamin C kann außerdem oxidiertes Vitamin E regenerieren.

ß-Carotin und andere Carotinoide - kann freie Radikale (Singulett-Sauerstoff) abfangen und unschädlich machen, das wird oft als "Quenching" bezeichnet. Auch bei anderen Carotinoiden, z.B. Lykopin, ist die antioxidative Kapazität nachgewiesen.

Coenzym Q10 - ist ein wichtiges Antioxidans, dessen Versorgung mit zunehmendem Alter oft nicht ausreicht. Die Fähigkeit, es im Körper selbst zu bilden, sinkt mit dem Alter. Vermutlich erhöht der zunehmende oxidative Stress den Bedarf an Coenzym Q10, das dann allein mit der Zufuhr aus der Nahrung nicht mehr zu decken ist. Ergänzungen können die Versorgung verbessern, dabei ist auf gut bioverfügbare Formen zu achten.

Glutathion - spielt eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von Schadstoffen und im antioxidativen Verteidigungssystem des Körpers. Es entfaltet seine Wirkung zusammen mit dem Enzym Glutathionperoxidase. Glutathion kann freie Radikale entgiften und oxidiertes Vitamin C und E regenerieren. Die aktive, reduzierte Form von Glutathion wird jedoch vor allem bei oxidativem Stress schnell verbraucht. Eine Ergänzung kann helfen, den Bedarf besser zu decken.

Glutathionperoxidase - Dieses Enzym baut wie Katalase H2O2 ab, es kann Peroxide von freien Fettsäuren reduzieren.

Superoxiddismutase - ist ein wichtiges Enzym, das Superoxid neutralisieren kann. Superoxiddismutase ist Mangan- bzw. Kupfer- und Zink-abhängig. Diese Mineralstoffe werden deshalb auch zu den antioxidativ wirksamen Stoffen gezählt.

Katalase - H2O2 kann in Hydroxylradikale umgewandelt werden. Diesen Prozess kann das Enzym Katalase verhindern.

Synergie-Wirkungen - Antioxidanzien wirken oft nicht allein, sondern synergistisch. So regeneriert Vitamin C beispielsweise verbrauchtes Vitamin E, das wiederum beta-Carotin schützt. Entsprechend ist zur Stärkung der antioxidativen Funktionen im Körper nicht die Gabe eines einzelnen Antioxidans erfolgreich. Erst die Kombination verschiedener Antioxidanzien kann oxidativen Stress wirksam verringern.


Antoxidanzienstatus feststellen
Der Antioxidanzienstatus lässt sich durch die Analyse von Blutproben durchführen. Damit lässt sich jedoch nur ein kleiner Teil der momentan vorhandenen freien Radikale im Blut erfassen, da diese ja in der Regel sehr kurzlebig sind. Die Vorkommen im Blut können erheblich schwanken.