Die Schilddrüse reguliert viele körperliche Prozesse und ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden sehr wichtig. Die Schilddrüse ist eng mit der Ernährung verbunden, das gilt neben Jod und anderen Mikronährstoffen auch für die Achse Ernährung-Darm-Schilddrüse.
Die Schilddrüse ist ein wichtiges endokrines Organ, sie ist für die Synthese und Sekretion der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) verantwortlich, die an den Funktionen aller Körpersysteme beteiligt sind. Angesichts ihrer wichtigen Rolle bei der Aufrechterhaltung der Homöostase kann jede Störung der Schilddrüsenfunktionen weitreichende Folgen haben, dazu gehören die Unter- oder Überfunktion der Schilddüse (Hypo- und Hyperthyreose). Die Schilddrüse wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter die Ernährung, einschließlich wichtiger Mikronährstoffe. Eine unausgewogene Ernährung kann zu Fehlfunktionen der Schilddrüse und/oder Störungen wie der Hypo- und Hyperthyreose führen.
Eine ausgewogene Ernährung, die reich an essenziellen Mikronährstoffen ist, liefert eine gute Grundlage für die Erhaltung der Schilddrüsen-Gesundheit und die Prävention von Schilddrüsen-Krankheiten. Zu den Mikronährstoffen, die die Schilddrüse beeinflussen, gehören die Mineralien Jod, Selen, Eisen, Zink, Kupfer und Magnesium sowie die Vitamine A und B12. Sie wirken auf die Synthese und Regulierung der Schilddrüsenhormone während des gesamten Lebens ein. Eine Gruppe italienischer Forscher stellte die Beziehungen zwischen der Ernährung und der Schilddrüse in einem Review vor.
Jod spielt bei der Synthese von Schilddrüsenhormonen eine sehr wichtige Rolle. Es wird im Dünndarm aufgenommen und über den Blutkreislauf zur Schilddrüse transportiert. Dort nehmen es follikuläre Schilddrüsenzellen auf, danach folgt über mehrere Stufen die Bildung der aktiven Schilddrüsenhormone T3 und T4. Für die Aufrechterhaltung normaler Schilddrüsen-Funktionen ist die ausreichende Jodzufuhr erforderlich. Die „Deutsche Gesellschaft für Ernährung" (DGE) setzt den Jod-Tagesbedarf für Jugendliche und Erwachsene von 13 bis unter 51 Jahren mit 200 mcg an, danach (ab 51 Jahren) mit 180 mcg etwas geringer. Für Schwangere und Stillende wird mit 230 bzw. 260 mcg eine etwas höhere Tagesdosis empfohlen. Der Jodmangel in der Schwangerschaft kann die kognitive Entwicklung des Nachwuchses stark beeinträchtigen, da sowohl die mütterlichen als auch die fötalen Schilddrüsen-Funktionen davon betroffen sind.
Idealerweise sollte mit der Jodergänzung mindestens drei Monate vor der Empfängnis begonnen werden, um sicherzustellen, dass die Jodspeicher der mütterlichen Schilddrüse für die gesamte Schwangerschaft ausreichend sind. Jod ist in der frühen Kindheit für die Entwicklung des Gehirns und die Synthese der Schilddrüsenhormone entscheidend. Eine angemessene Jodzufuhr ist besonders während der Phase wichtig, wenn Säuglinge vom Stillen auf eine gemischte Ernährung umgestellt werden. Die Muttermilch ist zwar eine ausgezeichnete Jodquelle, doch sie hängt weitgehend vom Jodstatus der Mutter ab. Die Einführung von Beikost ist eine Möglichkeit, die Jodaufnahme zu verbessern. Allerdings reicht der Jodgehalt in vielen Säuglingsnahrungen nicht aus, um die empfohlene Tagesdosis (80 mcg im Alter von 4 bis 12 Monate) zu erreichen. Darüber hinaus hat Bio-Babynahrung, die gesundheitsbewusste Eltern oft bevorzugen, meist einen noch geringeren Jodgehalt. Die unzureichende Jodzufuhr kann bei Säuglingen langfristige Folgen für die kognitive Entwicklung und die Funktionen der Schilddrüse haben.
Sie können niedrigere IQ-Werte und ein erhöhtes Risiko für Schilddrüsen-Störungen aufweisen. In der Adoleszenz (von 10 bis etwa 20 Jahren) kann eine zu geringe Jodzufuhr zu einer knotigen Struma führen, während eine übermäßige Zufuhr das Risiko für die Autoimmunität der Schilddrüse erhöhen kann. Die Mechanismen, wie Jod zur Schilddrüsenentzündung führt, sind noch unklar, es wird u. a. angenommen, dass ein Überschuss und die Anhäufung von Jod in den Schilddrüsenzellen einen hohen oxidativen Stress erzeugen und Zellschäden verursachen können. Dies kann zur Produktion von Zytokinen (regulatorische Proteine) und Chemokinen (Signalproteine) führen, die Lymphozyten in die Schilddrüse locken, wo sie auf Schilddrüsen-Autoantigene (z. B. Thyreoglobulin) treffen. Dies kann zur Entwicklung einer krankhaften Überempfindlichkeit gegenüber Schilddrüsen-Autoantigenen führen, was wiederum die Entwicklung einer Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis) zur Folge hat. In Dänemark führte die obligatorische Jodanreicherung auch zu einem Rückgang der Vorkommen von Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse, zu denen die Thyreoiditis gehört.
Die Bedeutung einer angemessenen Jodzufuhr über die Ernährung wird in allen Altersgruppen bestätigt. Jod ist für die Synthese der Schilddrüsenhormone unerlässlich und unterstützt die Vorbeugung vor Schilddrüsenkrankheiten. Auch Selen ist für die Schilddrüse sehr wichtig, sie ist das Organ mit dem höchsten Gehalt an Selen. Es kann die Schilddrüsen-Autoantikörper verringern und die Schilddrüsenfunktion verbessern, auch wenn eine sorgfältige Überwachung erforderlich ist. Eisen, Vitamin D, Zink und andere Mikronährstoffe spielen ebenfalls eine Rolle für die Schilddrüsenfunktion, doch hier reichen die derzeit verfügbaren Studien nicht aus, um eindeutige Schlüsse zu ziehen und Empfehlungen abzugeben. Bei Hypothyreose sollte auf Anämie, Eisen- und Vitamin-B12-Mangel untersucht werden. Vitamin-D-Ergänzungen könnten für Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis von Nutzen sein. Bei Patienten mit einer vergrößerten Schilddrüse wird die Bestimmung des Zinkspiegels empfohlen. Kupfer und Magnesium sollten auf ihre mögliche Schutzfunktion gegen Schilddrüsenkrebs und Vitamin A in Bezug auf Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse untersucht werden.
Eine ungesunde Ernährung kann die Darm-Mikrobiota verändern, was nicht nur zu Dysbiose und Mangel an Mikronährstoffen führt, sondern auch zu Veränderungen der Schilddrüsen-Funktionen durch immunologische Regulierung, Nährstoffaufnahmen und epigenetische Veränderungen. Die Hypothese einer Schilddrüsen-Darm-Achse wird immer konkreter und legt nahe, dass die Darm-Mikrobiota, die aus Billionen von Mikroorganismen besteht, die den Magen-Darm-Trakt besiedeln, die Funktion der Schilddrüse durch verschiedene Mechanismen beeinflussen kann. Neben der Aufnahme von Mineralien, die für die Schilddrüse wichtig sind (z. B. Jod, Selen, Zink und Eisen), ist die Mikrobiota am endogenen und exogenen Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone beteiligt. Die Ernährung spielt eine komplexe Rolle bei der Verbindung zwischen Epigenom, Schilddrüsenfunktion und Darm-Mikrobiota und hat sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf jedes dieser Systeme. Die Ergänzung mit Probiotika hat sich positiv auf den Spiegel der Schilddrüsenhormone und die Funktion der Schilddrüse ausgewirkt. Probiotika können das Gleichgewicht im Darm wiederherstellen und das Wachstum nützlicher Mikroorganismen fördern.
Die Autoren ziehen das Fazit: Die Ernährung, samt ihrer Mikronährstoffe, und die Darm-Mikrobiota können die Schilddrüsenfunktion beeinflussen, indem sie Immunreaktionen modulieren, mikrobielle Metaboliten bilden, die Nährstoffaufnahme und epigenetische Veränderungen beeinflussen. Dies kann die Synthese von Schilddrüsenhormonen und den Stoffwechsel regulieren, bei einer schlechten Ernährung aber auch zur Entwicklung von Schilddrüsenkrankheiten führen oder bei gesunder Ernährung davor schützen. Eine ausgewogene Ernährung und eine gute Versorgung mit Mikronährstoffen, die für die Schilddrüse wichtig sind, ist eine wesentliche Quelle für die Aufrechterhaltung einer gesunden, optimalen Schilddrüsenfunktion und Gesundheit. Die Ernährung-Darm-Schilddrüsen-Achse sollte im Hinblick auf die Möglichkeit einer Modulation der Darm-Mikrobiota und der Gesundheit der Schilddrüse berücksichtigt werden. Die Beziehungen zwischen der Schilddrüse, Ernährung und der Darm-Mikrobiota sollten künftig weiter untersucht werden.
Quelle
Anna-Maria Shulhai et al., The Role of Nutrition on Thyroid Function. In: Nutrients, online 31.07.2024, doi: 10.3390/nu16152496.