Ein Mangel an Vitamin D kommt bei Brustkrebs-Patientinnen häufiger vor. Eine neue Studie zeigt, dass bei den Patientinnen mit individuell angepassten Vitamin D-Ergänzungen im Lauf der Therapie eine gute Versorgung erreichbar ist.
Brustkrebs ist weltweit die häufigste Krebserkrankung, 2020 wurde er bei rund 2,3 Millionen Menschen diagnostiziert, Tendenz weiter steigend. Viele Patientinnen möchten selbst zu ihrer Behandlung beitragen, z. B. mit der Einnahme von Vitaminen und anderen Mikronährstoffen. Häufig wird dabei Vitamin D verwendet, da Defizite oder ein Mangel öfter vorkommt, in Deutschland sind 58 bis 77 % der Frauen davon betroffen. Unterschieden wird dabei zwischen einem leichten, mittleren und schweren Vitamin-D-Mangel (Serumspiegel von 25-Hydroxyvitamin D <30 ng/ml, <20 ng/ml bzw. <10 ng/ml). Eine frühere Meta-Analyse zeigte den Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Spiegeln und Brustkrebs.
Eine direkte (kausale) Beziehung zwischen Vitamin D und Brustkrebs wurde jedoch bisher in klinischen Studien nicht nachgewiesen. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel, Mängel sind u. a. mit ungünstigen Folgen für das Skelett verbunden, z. B. mit Frakturen oder Knochenschwund. Beim Brustkrebs wird der Knochenstoffwechsel auch durch die Therapie beeinflusst. 70 bis 80 % der Patientinnen leiden an einem Hormonrezeptor-positiven Brustkrebs und benötigen eine endokrine Therapie. Beim Einsatz von Aromatasehemmern kann es als mögliche Nebenwirkung zu Osteoporose kommen. Durch Hemmung des Enzyms Aromatase sinkt der Östrogen-Spiegel, dadurch wird die davon abhängige Knochenerneuerung und -stärkung verringert. Eine Chemotherapie (mit Anthrazyklinen und Taxanen) kann bei Brustkrebs-Patientinnen mit einer verminderten Knochenmineraldichte innerhalb von sechs Monaten und mit einem erhöhten Risiko für schwerere osteoporotische Frakturen auch in späteren Jahren verbunden sein.
Da ein Mangel an Vitamin D die Knochenmineraldichte weiter verschlechtern kann, ist es wichtig, entsprechende Defizite vor, während und nach einer Krebstherapie zu behandeln. Eine Gruppe deutscher Forscher führte dazu eine Studie durch. Sie untersuchten den Vitamin-D-Spiegel im ersten Jahr bei einem neu diagnostizierten Brustkrebs (ohne Metastasen). Im Universitätsklinikum des Saarlands wurden 110 Patientinnen in eine (prospektive) Beobachtungsstudie aufgenommen. Sie nahmen vor ihrer Krebstherapie an einer Basisuntersuchung teil und wurden danach im ersten Jahr vierteljährlich kontrolliert. Bei jedem Besuch wurden u. a. die Zufuhren von Vitaminen und Spurenelementen dokumentiert. Abhängig von ihrer Versorgung erhielten die Patientinnen gegebenenfalls Ergänzungen mit Vitamin D (am häufigsten Vitamin D3/Cholecalciferol mit 20.000 I. E.). Geprüft wurde, wie sich die Vitamin-D-Spiegel während der Krebstherapie (z. B. Chemo-, Strahlen-, endokrine Therapie) veränderten und wie dies den Zustand im ersten Jahr nach der Brustkrebs-Diagnose beeinflusste.
Die Hauptquelle für Vitamin D ist die Einwirkung von Sonnenlicht auf die Haut. Daher sind die Vitamin-Werte in den Wintermonaten am niedrigsten, was sich in der Studie bestätigte. Selbst wenn andere Faktoren wie Vitamin-Ergänzungen und der Lebensstil berücksichtigt wurden, konnte ein saisonaler Einfluss beobachtet werden, der in den Wintermonaten zu einem verringerten Vitamin-D-Spiegel führte. In dieser Studie war die Zahl der Patientinnen mit einem stärkeren Vitamin-D-Mangel nicht sehr hoch, rund zwei Drittel der Teilnehmerinnen (68,5 %) hatten jedoch geringe Vitamin D-Werte (<30 ng/ml), nur 4,6 % litten unter einem schweren Vitamin-D-Mangel (<10 ng/ml)). Insgesamt betrugen die mittleren 25(OH)D-Serumspiegel 24 ng/ml und lagen damit unter dem empfohlenen Mindestwert von 30 ng/ml. Bei den Kontroll-Untersuchungen (alle drei Monate) wurden die Vitamin-D-Gaben angepasst (nach Bedarf niedriger oder höher dosiert), um ausreichende Vitamin D-Spiegel im Serum (30 bis 100 ng/ml) zu erreichen.
Im Lauf der einjährigen Studie stieg der mittlere Vitamin-D-Spiegel auf 48 ng/ml an. Dabei spielten auch Lebensstil-Faktoren wie die Sonneneinwirkung, die Ernährung, der Body Mass Index, das Alter und die Vitamin-D-Rezeptor-Genetik eine Rolle. Dies verdeutlicht, dass ein allgemeiner Ansatz (One-Size-Fits-All) wirkungslos und die regelmäßige Kontrolle nötig ist. Auch die Krebstherapie selbst wirkte sich auf die Vitamin-D-Werte aus. Patientinnen, die eine Chemotherapie erhielten, hatten nach drei Monaten einen niedrigeren mittleren Vitamin-D-Spiegel im Vergleich zu den anderen Patientinnen. Dennoch zeigte die Chemotherapie im Lauf der gesamten einjährigen Beobachtungszeit unter Einbeziehung anderer Variablen wie Ergänzungen von Vitamin D und saisonalen Schwankungen keinen signifikanten Einfluss auf den Vitamin-D-Spiegel.
Die Forscher ziehen das Fazit: Trotz einer Krebstherapie ist es möglich, einen zu geringen Vitamin-D-Spiegel zu erhöhen und im Normalbereich aufrechtzuerhalten. Das erfordert regelmäßige Kontrollen und gegebenenfalls individuell angepasste Ergänzungen, um die empfohlenen Vitamin-D-Werte zu erreichen und zu erhalten. Dabei beeinflussen auch die Jahreszeit, Faktoren des Lebensstils, darunter besonders die Ernährung, sowie das Alter und die jeweilige Krebstherapie den Vitamin-D-Spiegel. Der größte Effekt lässt sich mit Ergänzungen von Vitamin D erreichen. Es waren mindestens drei Kontrollen alle drei Monate notwendig, damit mehr als 95 % der Patientinnen einen Vitamin-D-Spiegel im Normbereich erreichen konnten. Die Forscher empfehlen, dass die Ergänzungen vor, während und nach der Krebstherapie kontrolliert und individuell angepasst werden, um normale Vitamin-D-Spiegel sicherzustellen. Auf diese Weise kann sowohl eine Überdosierung als auch ein anhaltender Mangel vermieden werden.
Quelle
Cosima Zemlin et al., Course of Vitamin D Levels in Newly Diagnosed Non-Metastatic Breast Cancer Patients over One Year with Quarterly Controls and Substitution. In: Nutrients, online 13.3.2024, doi: 10.3390/nu16060854.