Entzündliche Prozesse sind an der Entstehung vom grauen Star (Katarakt) und der altersbedingten Makuladegeneration etc. beteiligt. Dazu gehört auch eine ungesunde, entzündungsfördernde Ernährung. Dagegen könnte eine gesunde Ernährung mit vielen antientzündlich wirkenden Mikronährstoffen zur Vorbeugung vor Augenkrankheiten beitragen.
Bei der Entstehung vieler Krankheiten spielen chronische, niedriggradige Entzündungen eine wichtige Rolle. Dazu gehören auch mehrere Augenkrankheiten wie der graue Star, die altersbedingte Makuladegeneration und das Offenwinkelglaukom, die häufigste Form des grünen Stars, deren Folgen bis zur Erblindung reichen können. Der graue Star tritt vor allem im höheren Alter auf, dabei verlangsamt sich der Stoffwechsel in der Linse, wodurch schließlich die Linse getrübt wird. Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine degenerative Erkrankung des gelben Flecks (Macula lutea) in der Netzhaut. Dabei entstehen u. a. Drusen (Ablagerungen unter der Netzhaut) und die Sehschärfe sowie die Anpassung an Lichtverhältnisse etc. verschlechtern sich. Typisch sind auch Anzeichen für chronische niedriggradige Entzündungen. Neuere Studien deuten z. B. darauf hin, dass entzündliche Reaktionen an der Entstehung des Offenwinkelglaukoms (OAG) beteiligt sind.
Es wird vermutet, dass die Ernährung das Risiko altersbedingter Augenkrankheiten beeinflusst. Forscher aus den Niederlanden untersuchten daher, ob das entzündliche Potenzial der Ernährung das Auftreten von altersbedingten Augenkrankheiten beeinflusst. Sie nutzten dafür den Ernährungs-Entzündungs-Index (DII) und setzten dazu die Vorkommen vom grauen Star in Beziehung. Sie untersuchten außerdem, ob der DII mit der AMD und dem grünen Star verbunden ist. In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass die mediterrane Ernährung mit ihrem hohen Verzehr von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Getreide antientzündliche Wirkungen hat. Sie wurde bereits mit einem geringeren AMD-Risiko in Verbindung gebracht.
Die Nachweise für die Beziehungen zum grauen und grünen Star sind bisher nicht schlüssig bzw. zu gering. Der DII ermöglicht es, mit der Bestimmung von entzündlichen/antientzündlichen Faktoren in der Ernährung (45 Nährstoffe und Bestandteile in Lebensmitteln) verschiedene Ernährungsweisen zu vergleichen. Ein hoher Index weist auf ein entzündungsförderndes Potenzial, ein niedriger Index auf ein entzündungshemmendes Potenzial der Ernährung hin.
An der Studie waren Teilnehmer im Alter ab 45 Jahren beteiligt, die aus der prospektiven Rotterdam-Studie (große Bevölkerungsstudie) ausgewählt wurden. Seit 1991 nahmen die Teilnehmer alle vier bis fünf Jahre an einer umfassenden Augenuntersuchung teil. Zu Beginn der Studie wurden bei allen Blutproben erhoben und umfassende Befragungen zu ihrer Ernährung durchgeführt. Von 7.436 Teilnehmern, die zu Beginn der Rotterdam-Studie keine Augenkrankheiten aufwiesen, entwickelten 4036 im Lauf der Nachbeobachtungen Augenkrankheiten (Katarakt 2.895, frühe, mittlere AMD 891, späte AMD 81, grüner Star 169). Ihre Daten wurden mit dem DII (angepasst an die Ernährung der Teilnehmer) in Beziehung gesetzt.
Die Ergebnisse zeigten, dass eine entzündungsfördernde Ernährung mit einem erhöhten Risiko für den Katarakt verbunden war. Jeder Anstieg des DII um einen Punkt war mit einem um 9 % erhöhten Katarakt-Risiko verbunden (OR 1,09). Ein höherer DII-Wert wurde auch mit einem erhöhten (signifikanten) Risiko für die (schwerere) AMD in Verbindung gebracht. Dabei galt, eine eher entzündungsfördernde Ernährung war (noch) nicht mit dem Risiko einer beginnenden AMD (oder "altersbedingten Veränderungen"), wohl aber mit dem höheren Risiko für fortgeschrittenere AMD-Stadien verbunden. Ein höheres Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnis (Leukozyten-Untergruppen) wurde mit einem erhöhten Risiko für den Katarakt und die AMD in Verbindung gebracht. Dies ist ein Marker für subklinische Entzündungen, der das Gleichgewicht zwischen akuter und chronischer Entzündung und dem adaptiven Immunsystem widerspiegelt. Diese Ergebnisse könnten für Patienten mit der altersbedingten Makuladegeneration besonders relevant sein. Es könnte möglich sein, dass Entzündungen die Entstehung der AMD beeinflussen oder gar auslösen können.
Beziehungen zeigten sich z. B auch zum Immun-Entzündungs-Index sowie zum Komplementfaktor C3 (Teil des Komplementsystems bzw. des unspezifischen, humoralen Immunsystems). Bisher gibt es nur wenige Forschungen zur Ernährung und dem Risiko für den grünen Star (Offenwinkelglaukom). Dazu gehören Hinweise auf eine schützende Wirkung von Diäten und Mikronährstoffen mit entzündungshemmenden Eigenschaften. Die Ergänzung von Vitamin C, ein höherer Verzehr von grünem Blattgemüse und eine höhere Zufuhr von Nitrat in der Nahrung wurden mit einem geringeren Glaukomrisiko in Verbindung gebracht. Auch die Einhaltung der mediterranen DASH-Diät (Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay) konnte das Auftreten des grünen Stars verringern. Diese Diät ist reich an Mikronährstoffen (z. B. Folat, Vitamin E, Lutein-Zeaxanthin, Flavonoide), die für ihre antientzündlichen und antioxidativen Eigenschaften bekannt sind.
Die Forscher ziehen das Fazit: Eine entzündungsfördernde Ernährung war mit einem erhöhten (signifikanten) Risiko für den grauen Star und mit fortgeschritteneren Stadien der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) verbunden. Dabei scheint besonders das Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnis (NLR), ein Marker für subklinische Entzündungen, eine Rolle zu spielen. Es bestätigten sich frühere Nachweise, dass Patienten mit einer späten AMD höhere NLR-Werte aufweisen als Patienten ohne AMD. Diese Ergebnisse sind für die Patienten sehr wichtig und untermauern die aktuellen Empfehlungen, einen gesunden Lebensstil anzustreben, um schwere Folgen der AMD, die bis zur Erblindung führen können, zu verhindern.
Quelle
Joëlle E. Vergroesen et al., The inflammatory potential of diet is associated with the risk of age-related eye diseases. In: Clinical Nutrition, online 11.10.2023, doi: 10.1016/j.clnu.2023.10.008.