Leinsamen wird oftmals bei Darmproblemen, vor allem bei Verstopfungen, empfohlen. Er könnte weitere Wirkungen haben, wie die aktuellen Kenntnisse über Leinsamen bei Patienten mit dem Typ-2-Diabetes zeigen. Das gilt besonders für seinen Einfluss auf das sogenannte „Blutzucker-Gedächtnis".
Leinsamen stammt aus dem Flachs, der zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt gehört und für die Gewinnung von Leinfasern und Samen genutzt wird. Seit der Antike werden Leinsamen und die daraus gewonnen Öle bei vielen Körperbeschwerden eingesetzt. Enthalten sind darin eine ganze Reihe wirksamer Inhaltsstoffe, dazu gehören Schleim- und Ballaststoffe, Proteine, Linol- und Alpha-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure) sowie Lignane (sekundäre Pflanzenstoffe, Phenylpropanoide). Schleimstoffe aus Leinsamen wirken im Darm als Quellmittel, sie vergrößern das Volumen des Darminhalts, was die Verdauung anregt. Leinöle wirken ergänzend als eine Art Schmiereffekt und beschleunigen den Transport des Darminhalts.
Leinsamen werden daher vor allem bei Verstopfungen empfohlen, sie haben aber vermutlich weitere Wirkungen im Körper. Sie könnten z. B. die kardiometabolischen Parameter bei Patienten mit Typ-2-Diabetes verbessern. Studien zeigten jedoch dazu bisher uneinheitliche Ergebnisse. Eine Gruppe chinesischer Forscher prüfte nun die aktuellen Erkenntnisse zur Beziehung von Leinsamen und Diabetes. Nach einer Recherche in den relevanten Datenbanken konnten sie 13 (randomisierte, kontrollierte) Studien in einer Meta-Analyse auswerten.
Die Ergebnisse zeigten, dass Ergänzungen von Leinsamen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes den Hämoglobin-A1c-Wert (HbA1c) im Vergleich zu Kontrollgruppen deutlich verringerte. Dieser Wert gibt wichtige Hinweise für die Verlaufskontrolle eines Diabetes an. Üblicherweise liefert die Bestimmung des Blutzuckers nur eine Momentaufnahme der aktuellen Situation im Stoffwechsel. Mit dem HbA1c-Wert lassen sich dagegen Auskünfte über den längerfristigen Verlauf des Blutzuckers in den letzten vier bis zwölf Wochen ermitteln. Er gibt an, wie hoch der Anteil von an Zucker gebundenes Hämoglobin (glykiertes Hämoglobin) ist und wird deshalb auch als „Blutzucker-Gedächtnis" bezeichnet. Erhöhte HbA1c-Werte weisen meist auf eine schlechte Einstellung des Blutzuckers hin.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass diese Werte im höheren Alter ansteigen. Die HbA1c-Zielwerte sollten daher z. B. nach Alter, Gesundheit und Medikamenten individuell angepasst werden. Andere Einflüsse von Leinsamen, etwa auf das Körpergewicht, den Body Mass Index, Nüchternblutzucker, Insulinresistenz und -sensitivität sowie Lipid-Parameter, wurden in dieser Analyse nicht festgestellt. In einigen Untergruppen zeigte sich allerdings ein signifikanter Rückgang des Nüchtern-Blutzuckers durch Leinsamen-Ergänzungen bei Teilnehmern mit einem Ausgangswert von ≥8,0 mmol/L (Nüchtern-Blutzucker) oder ≥7,0 % (HbA1c-Wert). In den Analysen der Untergruppen zeigte sich weiter, dass Leinsamen-Ergänzungen das „gute" HDL-Cholesterin signifikant erhöhten und das Gesamt- oder „schlechte" LDL-Cholesterin verringerten.
Die Forscher ziehen das Fazit: Leinsamen kann mit seinem Gehalt an Alpha-Linolensäure, Lignanen, Ballaststoffen und anderen Inhaltsstoffen die kardiometabolischen Parameter bei Patienten mit dem Typ-2-Diabetes verbessern. Leinsamen-Ergänzungen könnten
dazu beitragen, den „Langzeit-Blutzucker" mit dem HbA1c-Wert signifikant zu verringern. Das gilt besonders bei Patienten, deren Blutzucker-Werte schlecht kontrolliert sind. Die Beziehungen zwischen Leinsamen und dem Blutzucker sollten künftig beim Typ-2-Diabetes weiter untersucht werden.
Quelle
Huihui Xi et al., Flaxseed supplementation significantly reduces haemoglobin A1c in patients with type 2 diabetes mellitus: A systematic review and meta-analysis. In: Nutrition Research Vol. 110, Nr. 2 2023, S. 23-32, doi: 10.1016/j.nutres.2022.12.008.