Bluthochdruck, Selen und der Einfluss auf die Nierenfunktionen

Nierenschwächen können sowohl die Folge als auch die Ursache eines zu hohen Blutdrucks sein. Beim Einfluss auf die Nierenfunktionen könnte die Versorgung mit Selen eine wichtige Rolle spielen, wie eine chinesische Studie zeigt.

Chronische Nierenkrankheiten sind gekennzeichnet durch länger anhaltende Einschränkungen der Nierenfunktionen. Dabei werden die Nieren als Filtersystem des Blutes anfangs noch leicht, dann zunehmend mehr geschwächt. In der Folge sammeln sich Abbauprodukte (besonders Harnstoff, Kreatinin, Harnsäure) im Blut an, die in hoher Konzentration toxisch sind. Zu den typischen Symptomen gehören u. a. Störungen im Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt. Zu den möglichen Folgen gehören auch der Bluthochdruck sowie beeinträchtigte Funktionen von Herz, Kreislauf, Lunge und des Magen-Darm-Trakts. Ein zu hoher Blutdruck kann nicht nur die Folge, sondern auch eine der Ursachen für chronische Nierenkrankheiten sein. Um schwerere Entwicklungen chronischer Nierenkrankheiten möglichst zu vermeiden (Dialyse, Nierentransplantation) ist eine möglichst frühzeitige Erkennung von veränderbaren Risikofaktoren für die Prävention und Therapie der Krankheit sehr wichtig. Dabei spielt die gesunde Ernährung eine wichtige Rolle. 

Das schließt die Rolle von Mikronährstoffen ein, das gilt besonders für die gute Versorgung mit Selen. Die Nieren haben im Körper den höchsten Selengehalt, doch bisher war dessen Rolle bei chronischen Nierenkrankheiten nicht genau bestimmt. Selen ist ein essenzielles Spurenelement, das in Selenoproteine eingebaut wird, die vielfältige Funktionen haben. Die Aminosäure Selenocystein ist eine Schlüsselkomponente mehrerer Selenoproteine, die starke antioxidative und antientzündliche Wirkungen haben, sie können auch die Apoptose (Eliminierung) von schädlichen Zellen unterstützen. Selen könnte entsprechend dazu beitragen, Verletzungen der Nieren und verschlechterte Funktionen zu verringern, da der oxidative Stress und Entzündungen dabei wesentliche Mechanismen sind. Die Optimierung des Selenspiegels könnte eine mögliche Strategie sein, um die Nierenfunktionen besser zu schützen. In einigen Bevölkerungsstudien wurde bereits beobachtet, dass die Plasma-Selen-Konzentrationen bei Patienten mit chronischen Nierenkrankheiten (ohne Dialyse) niedriger sind als bei Gesunden. 

Doch bisher gibt es kaum umfassendere Nachweise zum Einfluss von Selen auf die Nierenfunktionen. Eine Gruppe chinesischer Forscher prüfte daher die Beziehung zwischen Selenspiegeln und verschlechterten Nierenfunktionen. Dabei untersuchten sie die möglichen Einflussfaktoren bei erwachsenen Patienten mit Bluthochdruck, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung chronischer Nierenkrankheiten haben.

Sie werteten die Daten von 935 chinesischen Männern und Frauen im Alter von 40 bis 75 Jahren aus, die an einer Folsäure-Studie (China Stroke Primary Prevention Trial) teilgenommen hatten. Sie hatten einen zu hohen Blutdruck, und für alle standen die Plasma-Selenwerte zur Verfügung. Abhängig von ihrer Selenversorgung wurden sie in drei Gruppen eingeteilt mit niedrigen, mäßigen bis guten Selenwerten. Alle Teilnehmer wurden rund vier Jahre lang weiter beobachtet. Es zeigte sich, dass sich die Nierenfunktionen (bestimmt durch die glomeruläre Filtrationsrate der Nieren) bei den Teilnehmern mit geringen Selenspiegeln deutlicher verschlechterten. 

Dies wirkte sich bei der mäßigen Versorgung mit Selen schon geringer aus. In Bezug auf die Nierenfunktionen schnitten die Teilnehmer mit einer guten Selenversorgung am besten ab. Darüber hinaus war die Verbindung zwischen Selen und den Nieren bei Teilnehmern stärker ausgeprägt, die zu Beginn der Studie bessere Folatwerte durch die Ernährung oder im Rahmen der Studie Folsäure (synthetische Form von Folat) eingenommen hatten.

Die Forscher ziehen das Fazit: Bei Erwachsenen mit Bluthochdruck, die ein starkes Risiko für die Entwicklung von chronischen Nierenkrankheiten haben, zeigte sich bei niedrigen Selenspiegeln ein erhöhtes Risiko für verschlechterte Nierenfunktionen. Dabei wurde auch ein Zusammenspiel zwischen der Folsäure (bzw. Folat) und Selen in Bezug auf die Nierenfunktionen beobachtet. Eine gute Versorgung mit Folsäure konnte die Wirkung von Selen auf die Nierenfunktionen synergistisch unterstützen. Allerdings lassen sich aus dieser Beobachtungsstudie keine Erkenntnisse zu den möglichen Mechanismen dieser Zusammenhänge ableiten. Die Beziehungen von Selen und Nierenfunktionen sollten weiter untersucht werden. Dabei sollten auch die Einflüsse von Folsäure und möglicherweise weiterer Mikronährstoffe berücksichtigt werden.

Quelle
Youbao Li et al., Inverse Association Between Baseline Plasma Selenium Concentrations and Risks of Renal Function Decline in Hypertensive Adults. In: The Journal of Nutrition, Vol. 152, Nr. 12, December 2022, S. 2754-2760, doi: 10.1093/jn/nxac211.

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