Coenzym Q10 ist seit langem für seine guten Wirkungen auf die Herzgesundheit bekannt. Auch Selen kann dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten zu senken. Beide haben außerdem synergistische Wirkungen. Eine Studie an älteren Schweden zeigt, dass sich bei guter Versorgung mit Selen und Coenzym Q10 das kardiovaskuläre Krankheitsrisiko verringern kann.
Coenzym Q10 (Ubichinon) ist für alle Zellen essentiell, es wird für die Gewinnung von Energie (Elektronentransportkette, ATP-Bildung) in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) benötigt und ist eines der wichtigsten lipophilen Antioxidantien im Fettstoffwechsel. Der Körper kann Coenzym Q10 selbst bilden, doch die Fähigkeit dazu nimmt mit dem zunehmenden Alter ab. Die Bildung im Herzmuskel ist im Alter von 80 Jahren etwa auf die Hälfte gesunken. Coenzym Q10 ist auch in der Nahrung enthalten. Fleisch und Geflügel, Hülsenfrüchte, Soja, Nüsse und Pflanzenöle sind gute Quellen, doch insgesamt oft zu gering, um eine gute Versorgung im höheren Alter zu sichern. Hinzu kommt, dass Coenzym Q10 das Spurenelement Selen benötigt, um in seine aktive, reduzierte Form (Ubichinol) umgewandelt zu werden. Der Selengehalt des Bodens ist weltweit regional unterschiedlich, was die Aufnahmen aus der Nahrung beeinflusst. In Europa sind die Selenwerte (im Plasma) allgemein niedrig.
Länder wie Finnland und Schweden gehören zu den Selenmangelgebieten, in Deutschland gehört vor allem der Süden zu den selenarmen Gebieten. Selen ist für die normalen Zellfunktionen notwendig und an vielen Körperfunktionen beteiligt. Es ist ein Bestandteil von wichtigen Selenoproteinen, die eine entscheidende Rolle bei der Regulierung und dem Schutz vor dem oxidativen Stress spielen. Selen und Coenzym Q10 haben im Körper auch synergistische antioxidative Funktionen. Eine Gruppe von Forschern führte dazu eine Studie bei älteren Menschen in Südschweden durch.
In die Studie wurden 443 ältere Menschen (Alter von 70 bis zu 88 Jahren) einbezogen, die einen niedrigen Selenstatus und altersbedingt auch niedrige Coenzym Q10-Spiegel hatten. Sie erhielten vier Jahre lang täglich Ergänzungen von Selen (200 mcg/Tag als Selenhefe) und Coenzym Q10 (200 mg/Tag) oder ein Placebo und wurden alle sechs Monate untersucht. Nach diesen vier Studienjahren wurden die Teilnehmer in Bezug auf die Vorkommen von Herz-Kreislauf-Krankheiten und Sterblichkeitsfällen aufgrund solcher Krankheiten weiter beobachtet. Zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie gehörten eine signifikant verbesserte (systolische) Herzfunktion und eine geringere Herzwandspannung sowie die verringerte Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Krankheiten im Lauf der Nachbeobachtung von bis zu zwölf Jahren.
Die Forscher führten weitere Analysen durch, um einige der grundlegenden Mechanismen für die positiven Ergebnisse zu prüfen. Dies ergab Hinweise auf kausale Zusammenhänge zwischen den Gaben von Coenzym Q10 und Selen und Veränderungen bei einer Reihe von Biomarkern, die mit dem kardiovaskulären Risiko verbunden werden. Untersucht wurden die Beziehungen zwischen Biomarkern und Entzündungen, dem oxidativen Stress und weiteren Veränderungen (insulinähnlicher Wachstumsfaktor 1, Expression von microRNA, Fibrose, Endothel-Dysfunktionen) sowie deren Auswirkungen. Es zeigten sich Einflüsse von Selen und Coenzym Q10 vor allem auf Entzündungen und den oxidativen Stress sowie auf die Fibrose (Zeichen der Herzinsuffizienz) und das Myokard (Herzmuskel). Die Ergebnisse deuten weiter darauf hin, dass Endothel-Dysfunktionen, ein frühes Anzeichen für Schädigungen der Blutgefäße, durch Selen und Coenzym Q10 gemildert werden konnten.
Da in die langjährigen Nachbeobachtungen sowohl die gesundheitliche Lebensqualität als auch Sterblichkeitsfälle aufgrund von kardiovaskulären Krankheiten einbezogen waren, halten die Forscher frühe Anzeichen von beeinträchtigten Endothel-Dysfunktionen in Bezug auf die Prävention für sehr wichtig.
Die Forscher ziehen das Fazit: Die vierjährige Ergänzung von Selen und Coenzym Q10 bei älteren Schweden zeigte beträchtliche und lang anhaltende Wirkungen. Dazu gehörten sowohl verbesserte Herzfunktionen und eine geringere kardiovaskuläre Mortalität als auch Erkenntnisse über Biomarker, die mit Entzündungen, dem oxidativen Stress und Fibrose verbunden sind. Die Ergänzungen von Selen und Coenzym Q10 konnte das Ausmaß dieser Prozesse deutlich verringern. Die weiteren Analysen ermöglichen Rückschlüsse auf mögliche Mechanismen für diese positiven Wirkungen.
Daraus konnte abgeleitet werden, dass die entzündlichen Aktivitäten sowie die Biomarker für oxidativen Stress umso höher waren, je niedriger die Selenkonzentration der einzelnen Teilnehmer war. Darüber hinaus ging ein suboptimaler Selenstatus mit einem höheren Grad der Fibrose und einer erhöhten Myokardwandspannung einher, was wiederum das kardiovaskuläre (Sterbe-)Risiko beeinflussen kann. Die Forscher gehen nach diesen Ergebnissen davon aus, dass bei älteren Menschen mit niedrigen Selen- und Coenzym Q10-Werten Ergänzungen mit beiden Substanzen sich positiv auf Entzündungen, oxidativen Stress, Fibrose und allgemein das kardiovaskuläre Risiko auswirkt. Der Effekt ist dabei offenbar umso stärker, je niedriger anfangs die Selenzufuhr ist.
Quelle
Urban Alehagen et al., Improved cardiovascular health by supplementation with selenium and coenzyme Q10: applying structural equation modelling (SEM) to clinical outcomes and biomarkers to explore underlying mechanisms in a prospective randomised double-blind placebo-controlled intervention project in Sweden. In: European Journal of Nutrition 61, S. 3135-3148, September 2022, doi: 10.1007/s00394-022-02876-1.