Probiotika beim Reizdarmsyndrom unter der Lupe

Beim Reizdarmsyndrom spielen auch Störungen der Mikrobiota im Darm eine Rolle. Zur Gabe von Probiotika beim Reizdarm gibt es seit Jahren immer mehr Studien. Ein Team italienischer Forscher konnte sie jetzt mit einer neuen Methode wirksam vergleichen und die effektivsten Arten von Probiotika beim Reizdarm ermitteln.

Das Reizdarmsyndrom kommt recht oft vor, davon sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Es gibt keine eindeutige Charakterisierung dieser Krankheit, da beim Reizdarm verschiedene Beschwerden auftreten können. Dazu gehören Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Obstipation und/oder Diarrhoe. Zur Therapie stehen verschiedene Medikamente (z. B. Spasmolytika) zur Verfügung, aber auch die Ernährung kann eine Rolle spielen (z. B. FODMAP-Diät). Zum Reizdarmsyndrom gehören außerdem eine veränderte Darm-Mikrobiota und Beeinträchtigungen der Darm-Hirn-Achse, dadurch ist die Beziehung zwischen dem Mikrobiom und dem zentralen Nervensystem gestört, was z. B. zu depressiven Stimmungen beitragen kann. Die Beziehungen zwischen Veränderungen in den Darmbakterien und der Entwicklung entzündlicher Erkrankungen, wie dem Reizdarmsyndrom, wurde in den letzten zehn Jahren zunehmend untersucht. 

Dabei wurden u.a. probiotische Bakterienstämme identifiziert, mit denen die Therapie beim Reizdarm unterstützt werden kann. Dazu gehören vor allem Lactobacillus rhamnosus, Lactobacillus acidophilus und Bifidobacterium animalis subsp. lactis. Sie können dazu beitragen, die Bauchempfindlichkeit, Durchlässigkeit des Darms und Entzündungen vorzubeugen oder zu lindern. Doch bisher gibt es für die Anwendung von Probiotika beim Reizdarm keine spezifischen Empfehlungen, und es fehlt auch an konkreten Vorgaben für ihre Untersuchung beim Reizdarm. Ziel einer neuen Studie von italienischen Forscherinnen war es daher, einen ersten Schritt in die Richtung einer strukturierteren Analyse der Wirkungen von Probiotika auf das Reizdarmsyndrom zu machen.

Sie bezogen in ihre Analyse Studien zu Probiotika und dem Reizdarmsyndrom aus den Jahren von 2011 bis 2021 ein. Sie werteten 104 klinische Studien aus, wobei am häufigsten Lactobacillus rhamnosus, Lactobacillus acidophilus und Bifidobakterim animalis subsp. lactis geprüft wurden. Die Forscher nutzen dabei eine neue Methode (MCDA — multi-criterial decision analysis), um die Wirksamkeit von probiotischen Stämmen beim Reizdarmsyndrom zu bewerten, was zu einem symptomspezifischen Wirksamkeits-Ranking führte. Dieser Ansatz basiert auf Kriterien wie Lebensqualität und Linderung der wichtigsten Symptome und berücksichtigt die Einschätzungen von Gastroenterologen bei der Definition der Schwere und Häufigkeit der Reizdarm-Symptomatik. Die MCDA-Analyse ergab, dass Formulierungen auf der Grundlage von Lactobacillus rhamnosus und Lactobacillus acidophilus die höchste Wirksamkeit aufweisen, das galt besonders in Bezug auf die Lebensqualität, Blähungen und Bauchschmerzen. 

Die Ergebnisse zeigten weiter, dass die Wirksamkeit der Probiotika-Formulierungen auch vom Geschlecht und Alter der Patienten sowie vom jeweiligen Subtyp des Reizdarmsyndroms abhängt. Menschen unterschiedlichen Alters haben verschiedene mikrobielle Zusammensetzungen und Subtypen des Reizdarmsyndroms, die auch die Dysbiose der Mikrobiota beeinflussen. Daher wäre es sinnvoll, die Formulierung von Probiotika auf ihre Bedürfnisse abstimmen zu können. Dies müsste in weiteren Studien näher geprüft werden.

Die Forscher ziehen das Fazit: Die Aufnahme von Probiotika hat in den letzten zehn Jahren erheblich zugenommen, was auf das stärkere Bewusstsein für gute Bakterien als Verbündete der Gesundheit zurückzuführen ist. Probiotische Stämme wie Lactobacillus rhamnosus, Bifidobacterium animalis subps. lactis und Lactobacillus acidophilus sind bei der Behandlung von chronischen, schwächenden Entzündungskrankheiten hilfreich. Dazu gehört das Reizdarmsyndrom, das durch komplexe Symptome im Magen-Darm-Trakt gekennzeichnet ist. 

Dank des MCDA-Ansatzes, der zum ersten Mal bei der Analyse von Nahrungsergänzungen für klinische Anwendungen eingesetzt wurde, war ein objektiver Vergleich der positiven Wirkungen von Probiotika auf die Verbesserung der Reizdarmsymptome möglich. Die wirksamsten Stämme sollten künftig weiter untersucht werden, um gezieltere Empfehlungen für verschiedene Arten des Reizdarms, z. B. für verschiedene Altersgruppen und Geschlechter, geben zu können.

Quelle
Cecilia Ceccherini et al., Evaluation the Efficacy of Probiotics in IBS Treatment Using a Systematic Review of Clinical Trials and Multi-Criteria Decision Analysis. In: Nutrients, online 28.6.2022, doi: 10/3390/nu14132689.

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