Phytonährstoffe für die Gesundheit auf dem Prüfstand

Zu den in Pflanzen zahlreich vorhandenen Inhaltsstoffen gehören Carotinoide, Indole, Glucosinolate, Phytosterole, Polyphenole und viele mehr. Forscher stellen in einer Übersicht den Nutzen von sieben Phytonährstoff-Familien für die Gesundheit vor, die zur Prävention und Therapie von Krankheiten beitragen können.

Phytonährstoffe (sekundäre Pflanzenstoffe) sind bioaktive Verbindungen, die im sekundären Pflanzenstoffwechsel als Reaktion auf Umweltveränderungen entstehen. Sie fungieren z. B. als Lockstoffe für die Bestäubung, als Schutzmittel gegen Insekten- und Schädlingsbefall oder gegen verschiedene Stressfaktoren, wie ultraviolettes Licht. Sie tragen weiter zur Farbe, zum Geschmack und zum Aroma von Pflanzen bei. Sie sind als potenziell wertvoll für die Ernährung und die menschliche Gesundheit anerkannt und in Obst, Gemüse und Vollkornwaren enthalten. Zahlreiche (epidemiologische) Studien zeigten, dass ein hoher Verzehr pflanzlicher Lebensmittel mit einem geringeren Risiko für chronische Krankheiten verbunden ist, was auf die wichtige Schutzfunktion von Antioxidantien hinweist. 

Phytonährstoffe können antioxidative, entzündungshemmende und antikarzinogene Wirkstoffe enthalten und damit zur Gesundheit beitragen. Sie sind unterteilt in verschiedene Phytonährstoff-Familien, zu denen Carotinoide, Indole, Glucosinolate, schwefelorganische Verbindungen, Phytosterole, Polyphenole und Saponine gehören. Die Versorgung mit den einzelnen Substanzen hängt von der Ernährung, der saisonalen Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit gesunder Pflanzenprodukte zusammen. Eine Gruppe von französischen Forschern stellt dazu eine Übersicht vor mit den verschiedenen Gruppen von Pflanzenstoffen, darunter die Phenolsäuren, Flavonoide (mit ihren Untergruppen Flavonole, Flavone etc.), Carotinoide und Caffeine. Sie stellen die Gesundheitsziele vor, für die eine Anreicherung der Ernährung mit mindestens einer der sieben Phytostoff-Familien von Nutzen ist. Dazu gehören die Wirkungen auf den Stress und die Schlafgesundheit, das Immunsystem, speziell Atemwegskrankheiten, das Magen-Darm-System, Knochen und Gelenke sowie allgemein die Energie und Vitalität. Wir fassen hier als Beispiel die Kenntnisse über die Beziehungen von Phytonährstoffen zu Stressbelastungen und zum Immunsystem kurz zusammen.

Für die Bewältigung von Stress wurden vor allem die positiven Wirkungen von Flavonoiden untersucht. So zeigten z. B. EEG-Untersuchungen die Wirkungen von Flavonoiden in Bezug auf den Stress vor und nach der Aufnahme von 300 mg Epigallocatechingallat (EGCG, aus dem Grüntee) im Vergleich zu einem Placebo. Mit EGCG nahm die selbst eingeschätzte Gelassenheit zu, es verringerte sich der Stress, und es zeigten sich im EEG Veränderungen. Die Wirkung könnte mit einem Einfluss auf die Stickstoffmonoxid (NO)-Synthese in Verbindung mit der zerebralen Gefäßpermeabilität (Durchlässigkeit der Blutgefäße) zusammenhängen. Auch Carotinoide wirkten sich positiv auf die Stressbewältigung aus. In einer Studie prüfte man dazu eine langfristige Ergänzung von Carotinoiden. Die Teilnehmer erhielten für ein Jahr entweder Carotinoide oder ein Placebo, ermittelt wurde das mit dem Cortisolspiegel verbundene Stressniveau. 

Bereits nach sechs Monaten waren Cortisolspiegel, Stress und Angstzustände bei den mit Carotinoiden behandelten Teilnehmern deutlich reduziert. Vermutet wurde eine direkte antioxidative Wirkung der Carotinoide im Nervengewebe, was zu einer geringeren Synthese von stressbedingten Hormonen führen könnte. Die in diesen Studien beschriebenen Wirkmechanismen stehen zumeist im Zusammenhang mit den antioxidativen Eigenschaften von Phytonährstoffen.

Zahlreiche Studien zeigten den Einfluss von Phytonährstoffen bei der Therapie chronischer Krankheiten, zu deren Hauptursachen eine Immunschwäche gehört. Die wichtigsten Wirkungen in diesem Bereich hängen hauptsächlich mit den antimikrobiellen und entzündungshemmenden Eigenschaften von Phytonährstoffen zusammen. In Studien wurden dazu u.a. Flavonoide untersucht, z. B. Catechine (aus dem Grüntee) und Theanine (aus Tee) zur Prävention von Grippekrankheiten. Im Vergleich zu einem Placebo erkrankten die Teilnehmer mit den Flavonoiden seltener an Grippe. Die Wirkung könnte auf einer gehemmten Absorption von Grippeviren beruhen. Die Bedeutung der Catechine, vor allem von EGCG, des wichtigsten Flavonoids im grünem Tee, wurde in einer weiteren (klinischen) Studie bestätigt. 

Darin prüfte man die Wirkungen von EGCG auf allergische Symptome. Teilnehmer mit EGCG hatten weniger allergische Beschwerden, z. B. laufende Nase, juckende Augen oder Tränenfluss im Vergleich zu einem Placebo. Die Autoren vermuten, dass EGCG die Aktivierung der Mastzellen einschränkt und so die Synthese von entzündlich wirkenden Substanzen (Leukotriene, Histamin etc.) verringern könnte. Zu den gesundheitlich wirksamen schwefelorganischen Verbindungen gehört Sulforaphan aus dem Brokkoli. Forscher untersuchten dessen Wirkungen auf die Reaktion des Immunsystems auf eine Grippeimpfung. Es zeigten sich Wirkungen auf bestimmte Immunzellen (T-Lymphozyten) und der Anstieg eines antiviralen Proteins (Granzyme B) im Vergleich zu einem Placebo. Dies deutet darauf hin, dass Sulforaphan die Abwehrkräfte gegen Virusinfektionen verbessern kann. 

Ähnliche Wirkungen wurden mit Procyanidinen und anderen Polyphenolen bei allergischer Rhinitis beobachtet, dabei verbesserten sich z. B. Niesanfälle und Nasenausfluss. Auch ein Cranberrysaft, der reichlich Proanthocyanidine enthielt, konnte Grippesymptome im Winter im Vergleich zum Placebo deutlich verbessern. Die Wirkung wurde auf verbesserte Immunzellen im Epithel der Atemwege zurückgeführt, was auf eine verstärkte Verteidigungslinie gegen Viren hinweist.

Die Forscher ziehen das Fazit: Diese Analyse bestätigte den bedeutenden Nutzen von Phytonährstoffen bei der Prävention und Therapie von Krankheiten und Symptomen für die Gesundheit. Sie erweitern die Möglichkeiten, die bisher vor allem durch die Anwendung von Heilpflanzen genutzt wurden. Phytonährstoffe können in eine ausgewogene Ernährung integriert werden und sich positiv auf die Gesundheit auswirken. In dieser Übersicht wurden die sieben größten Familien von Phytonährstoffen, die in Lebensmitteln und in der Ernährung vorkommen, bewertet. 

Es wurde gezeigt, dass jede von ihnen ein bedeutendes therapeutisches Potenzial im Gesundheitsbereich besitzt, dazu gehören auch komplementäre Wirkungen. Phytonährstoffe können zur Prävention von Krankheiten wie Diabetes, Adipositas und Bluthochdruck sowie verschiedenen Arten von Krebs oder degenerativen Erkrankungen beitragen. Die Wirkungen von Phytonährstoffen sollten künftig weiter erforscht werden.

Quelle
Nicolas Monjotin et al., Clinical Evidence of the Benefits of Phytonutrients in Human Healthcare. In: Nutrients, online 20.4.2022, doi: 10.3390/nu14091712.

Als registrierter/angemeldeter Benutzer erhalten Sie zusätzlich Empfehlungen und Informationen unserer Redaktion.