Jodmangel ist in Europa recht weit verbreitet

In Europa besteht häufig ein erhöhter Bedarf an Jod, das gilt besonders für Erwachsene und schwangere Frauen. Drei neuere Studien zeigen, wie es mit der Jodversorgung in verschiedenen Gruppen der Bevölkerung und Regionen steht.

Jod ist für normale Schilddrüsenfunktionen, das Wachstum und den Stoffwechsel in allen Lebensphasen sehr wichtig. Eine erhöhte Zufuhr ist in der Schwangerschaft und Stillzeit erforderlich, um den gestiegenen Bedarf der Mutter zu decken und das Wachstum und die Entwicklung des Fötus zu unterstützen. Ein starker Jodmangel kann zur Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und zu Schäden in der neuronalen Entwicklung führen. Weniger ist bisher über die Folgen eines leichten oder moderaten Jodmangels für die Entwicklung des Fötus bekannt. Beobachtet wurden z.B. ein geringeres Geburtsgewicht und Frühgeburten, doch die Ergebnisse waren nicht einheitlich. 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt schwangeren und stillenden Frauen eine Zufuhr von 250 mcg Jod täglich. Dies wird jedoch, wie eine englische Studie zeigt, von vielen schwangeren Frauen nicht erreicht. Ein Grund könnte dafür sein, dass es in Großbritannien kein Programm zur Salzjodierung gibt. Weiter werden an Jod reiche Lebensmittel, vor allem Meeresfrüchte, Milchprodukte und Eier, bei einer betont pflanzlichen Ernährung eher wenig oder gar nicht gegessen. Ein Team von englischen Forschern untersuchte die Jodaufnahme und den -status von Frauen in den verschiedenen Phasen der Schwangerschaft und nach der Geburt.

An der Studie nahmen 246 schwangere Frauen im Alter von 18 bis zu 40 Jahren teil. Sie gaben detaillierte Auskünfte über ihre Ernährung und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Daraus wurden ihre Aufnahmen von Jod eingeschätzt. Mehrere Male im Lauf der Schwangerschaft sowie nach der Geburt wurden bei den Frauen die Jodwerte im Urin und im Serum untersucht. In der Schwangerschaft lag die mittlere Jodaufnahme bei 101 mcg pro Tag, 49 % der Frauen erreichten nicht die empfohlenen Jodwerte. Frauen, die Jod aus Nahrungsergänzungen aufnahmen, waren mit 143 mcg Jod täglich besser versorgt. Milch und Milchprodukte waren die Hauptquellen in der Ernährung, der Verzehr von Meeresfrüchten und Weißfisch war dagegen gering. Keine der Frauen verwendete Jodsalz, das eine zusätzliche Quelle hätte sein können. 

Nach der Geburt nahmen die Frauen weniger Nahrungsergänzungen auf. Stillende Frauen haben daher möglicherweise ein höheres Risiko für einen Jodmangel in dieser Zeit. Das kann dazu führen, dass ihre Kinder nicht ausreichend mit Jod versorgt werden. Die Forscher halten diese Ergebnisse für besorgniserregend, da ein großer Teil der schwangeren und stillenden Frauen nicht ausreichend mit Jod versorgt ist. Das gefährdet die Gesundheit der Frauen und die fötale und kindliche Entwicklung.

In einer anderen Studie untersuchten dänische Forscher die Beziehungen zwischen der Jodzufuhr und der Lebenszeit. Von 1997 bis 1998 nahmen 210 Einwohner aus Randers (Hafenstadt in Jütland), die 1920 geboren wurden, und 218 Einwohner aus Skagen (nördlichste Stadt Dänemarks), die 1918 bis 1923 geboren wurden, an einer klinischen Studie teil. In diesen beiden Regionen war der Jodgehalt im Trinkwasser sehr unterschiedlich. In Randers lag der mittlere Jodgehalt des Trinkwassers bei nur 2 mcg/l, in Skagen war dies mit 139 mcg/l deutlich höher. Neben verschiedenen gesundheitlichen Untersuchungen wurden bei den Teilnehmern die Jodkonzentrationen im Urin bestimmt. Die mittleren Werte lagen bei den Bewohnern von Randers bei 55 mcg/l und in Skagen mit 160 mcg/l deutlich darüber. 

Die Teilnehmer wurden in Bezug auf die Sterblichkeitsfälle weiter bis Ende 2017 beobachtet. Vollständige Daten waren nach 20 Jahren für nahezu alle Teilnehmer verfügbar. Die Skagener hatten ein deutlich geringeres Sterblichkeitsrisiko, das galt auch für einzelne Auswertungen, z.B. in Bezug auf das Alter, Geschlecht, die Medikamenteneinnahme und Komorbiditäten. Dies deutet darauf hin, dass ein langjähriger Wohnsitz in einer jodreichen Gegend mit einer erhöhten Lebenserwartung verbunden sein kann.

Ein internationales Forscherteam wertete außerdem die Jodversorgung in 40 Studien aus 23 europäischen Ländern aus, beteiligt waren daran auch Forscher der Universität Greifswald. Das Ziel des EUthyroid-Projekts war es, die erste standardisierte Karte des Jodstatus in Europa zu erstellen. Dafür wurden standardisierte Daten der Jodkonzentration im Urin verwendet. Bestimmt wurden die Werte im Urin von Schulkindern, Erwachsenen und schwangeren Frauen. Die Ergebnisse zeigten, dass Joddefizite vor allem bei Erwachsenen und schwangeren Frauen vorhanden sind. Die Forscher empfehlen, eine in Europa einheitliche Gesetzgebung zur Jodanreicherung einzuführen. Dies könne sicherstellen, dass nicht jodiertes Speisesalz sehr viel häufiger als bisher durch jodiertes Salz ersetzt wird.

Quelle
Diane E. Threapleton et al., Prenatal and Postpartum Maternal Iodine Intake from Diet and Supplements. Urinary Iodine and Thyroid Hormone Concentrations in a Region of the United Kingdom with Mild-to-Moderate Iodine Deficiency. In: Nutrients, online 14.1.2021, doi: 10.3390/nu13010230.
Johannes Riis et al, Long-term iodine nutrition is associated with longevity in older adults: a 20 years´ follow-up of the Randers-Skagen study. In: British Journal of Nutrition, online 7.5.2020, doi: 10.1017/S0007114520001592
Till Ittermann et al., Standardized Map of Iodine Status in Europa. In: Thyroid Vol. 30, Nr. 9 2020, S. 1346-1354, doi: 10.1089/thy.2019.0353.

Als registrierter/angemeldeter Benutzer erhalten Sie zusätzlich Empfehlungen und Informationen unserer Redaktion.