Im höheren Alter können die Nierenfunktionen stärker belastet sein. Ergänzungen mit Selen und Coenzym Q10, deren Werte bei vielen Älteren gering sind, könnten dazu beitragen, die Nierenfunktionen zu verbessern.
Gesunde Nierenfunktion sind wichtig, das gilt vor allem im höheren Alter. Sind die Nieren beeinträchtigt, kann sich dies auf andere Organsysteme auswirken, dazu gehört vor allem das Herz-Kreislauf-System. Wegen der engen Beziehungen sprechen Mediziner dann vom kardiorenalen Syndrom. Dabei spielen auch Entzündungen eine wichtige Rolle, sie gehören zu den Ursachen für viele Herz- und Nierenkrankheiten. Daran beteiligt sind die Mikronährstoffe Selen und Coenzym Q10, die beide für optimale Zellfunktionen notwendig sind.
Selen ist als essentielles Spurenelement an der Infektionsabwehr und der Energieübertragung beteiligt. Aufgrund des geringen Selengehalts in den Böden gibt es in Europa und anderen Teilen der Welt eine weit verbreitete geringe Selenzufuhr über die Nahrung. Die geschätzte Aufnahme liegt in Europa bei <50 mcg Selen täglich. Um optimale Funktionen beim wichtigen Selenoprotein P (Transportprotein) zu erreichen, ist die Zufuhr von etwa 100 mcg Selen pro Tag oder mehr erforderlich. Ein Selenmangel erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, oxidativen Stress und Entzündungen. Die Nieren haben (neben der Schilddrüse) die höchste Konzentration von Selen im Körper. Bei chronischen Nierenkrankheiten zeigte sich, dass die Selenwerte im Vergleich zu Gesunden niedriger sind. Dabei könnten die Nieren durch einen erhöhten oxidativen Stress und beeinträchtigte Funktionen der Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) belastet werden. Auch das vitaminähnliche Coenzym Q10 ist für die optimalen Zellfunktionen notwendig.
Es ist an der Atmungskette der Mitochondrien beteiligt und eines der stärksten intrazellulären Antioxidantien. Die körpereigene Bildung von Coenzym Q10 nimmt mit dem zunehmenden Alter ab. Zwischen Selen und Coenzym Q10 gibt es dabei eine Wechselbeziehung. Ein Selenoenzym (Thioreduktase 1) spielt bei der Umwandlung zu Ubichinol, die aktive Form von Coenzym Q10, eine Rolle. Für normale Zellfunktionen sind daher optimale Aufnahmen von Selen und Coenzym Q10 sehr wichtig. Beide könnten sich positiv auf die Nierenfunktionen von älteren Menschen auswirken.
Eine Gruppe von skandinavischen Forschern untersuchte in zwei Studien, ob der Selenstatus in Bezug auf die Nierenfunktionen eine Rolle spielt. Knapp 900 Ältere aus einer schwedischen Region nahmen ab 1998 daran teil. Geprüft wurde die Beziehung zwischen dem Selenstatus und Kreatinin (Abbauprodukt im Muskelstoffwechsel), mit dem die Nierenfunktionen beurteilt werden können. Es zeigten sich dabei auch verbesserte Herzfunktionen, was wiederum die Nierenfunktionen verbessern kann. Ab 2003 bezog man knapp 600 Teilnehmer (69 bis 87 Jahre) in eine Folgestudie ein, in der über vier Jahre tägliche Ergänzungen von Selen (200 mcg Selenhefe) und Coenzym Q10 (200 mg) im Vergleich zu einem Placebo geprüft wurden. Die Nierenfunktionen wurden bei allen Teilnehmern zu Beginn und nach 48 Monaten untersucht.
An die Studie schloss sich eine Nachbeobachtung von rund fünf Jahren bis 2010 an. Bei allen Teilnehmern fanden sich zu Beginn der Studie niedrige Selenwerte (Mittelwert 67 mcg/L). Die Veränderungen der Nierenfunktion wurden mit verschiedenen Messungen (Kreatinin, Cystatin-C, glumeruläre Filtrationsrate) geprüft. Dabei bestätigte sich die Verbindung zwischen einem niedrigen Selenstatus und eingeschränkten Nierenfunktionen. Die Ergänzung mit Selen und Coenzym Q10 verbesserte signifikant die Nierenfunktionen im Vergleich zum Placebo. Teilnehmer mit dem höchsten Selenmangel zu Beginn profitierten am meisten in der Verbesserung der Nierenfunktionen. Doch auch die Teilnehmer mit anfangs relativ hohen Selenwerten profitierten von den Ergänzungen. Das lag nach Angaben der Forscher wohl vor allem daran, dass auch ihre Selenwerte anfangs unter den optimalen Werten lagen. Beobachtet wurden weiter Anzeichen für eine geringere Störung der Blutgefäße (endotheliale Dysfunktion), die mit dem Altern einhergeht. Selen und Coenzym Q10 könnten möglicherweise dazu beitragen, Entzündungen und den oxidativen Stress zu senken und die Endothelfunktionen zu verbessern. Dies könnte sich auch auf die Nierenfunktionen auswirken.
Die Forscher ziehen das Fazit: Ein Mangel an Selen und Coenzym Q10 ist bei älteren Menschen häufig mit eingeschränkten Nierenfunktionen verbunden. Die Ergänzung von Selen und Coenzym Q10 verbesserte signifikant die Nierenfunktionen und deren typische Marker (Kreatinin, Cystatin-C, glomeruläre Filtrationsrate). Dies lässt sich vermutlich durch positive Wirkungen der beiden Mikronährstoffe auf Entzündungen und den oxidativen Stress erklären. Diese Beziehungen sollten in weiteren Studien näher untersucht werden.
Quelle
Urban Alehagen et al., Selenium and Coenzyme Q10 Supplementation Improves Renal Function in Elderly Deficient in Selenium: Observational Results and Results from a Subgroup Analysis of a Prospective Randomised Double-Blind Placebo-Controlled Trial. In: Nutrients, online 9.12.2020, doi: 10.3390/nu12123780.