Die essentiellen Vitamine und Mineralien tragen bei angemessener Aufnahme erheblich zur Gesundheit bei. Defizite oder gar Mängel an einzelnen oder mehreren Mikronährstoffen können langfristig die Gesundheit beeinträchtigen und zur Entstehung von Krankheiten beitragen.
Es gibt 13 Vitamine (fettlöslich A, D, E, K, wasserlöslich B1, B2, B6, B12, C, Niacin, Pantothensäure, Biotin, Folsäure), 5 Mineralstoffe (Natrium, Magnesium, Kalium, Kalzium, Phosphor) und 8 Spurenelemente (Jod, Mangan, Kupfer, Selen, Zink, Molybdän, Eisen, Chrom), die essentiell (lebensnotwendig) sind. Defizite oder gar Mängel an einem oder mehreren dieser Mikronährstoffe können sich auf die Gesundheit, das Metabolom (Zellen, Gewebe), Proteom (Proteine im Körper) und Genom (alle Gene) auswirken. Grundlegende Informationen zu diesen Mikronährstoffen stehen zur Verfügung, doch noch immer ist es eine komplexe Aufgabe, kausale Zusammenhänge zwischen einem Mangel an Mikronährstoffen und chronischen Krankheiten herzustellen.
Auch die Bewertung des gesundheitlichen Nutzens von Mikronährstoffen aus der Ernährung und Nahrungsergänzungen ist sehr komplex. Eine Forscherin aus den USA stellte dazu aktuelle Erkenntnisse in einem Review vor, aus denen wir hier die wichtigsten Informationen vorstellen. In der Vergangenheit wurde die Bedeutung von Mikronährstoffen oft erst dann erkannt, wenn ein relativ schwerer Mangel ernste Krankheitssymptome hervorrief. Zu den oft angeführten Beispielen gehören der Mangel an Vitamin C, der bei Seeleuten, die keinen Zugang zu frischen Lebensmitteln hatten, Skorbut verursachte und zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert mehr als zwei Millionen Menschen das Leben kostete. Bekannt ist auch der Mangel an Vitamin D, der zu Rachitis führt, was im 16. Jahrhundert erstmals erkannt wurde. Es dauerte Jahrhunderte, bis die spezifischen Mikroährstoffe identifiziert wurden und weitere Folgen von mangelnden Mineralstoffen bekannt wurden. Der Mangel an Vitamin B1 kann z. B. zu Beriberi führen, was mit dem Verzehr von poliertem Reis in Verbindung gebracht wurde. Ein Mangel an Vitamin A verursacht Nachtblindheit und Augentrockenheit, und der Mangel an Eisen und Vitamin B12 kann zu Anämien führen.
Nachteilige Auswirkungen von geringeren Mängeln an Mikronährstoffen wurden erst in den 1980er Jahren allgemein anerkannt. Seitdem zeigte eine wachsende Anzahl von Studien die Bedeutung eines angemessenen Status von Vitaminen und Mineralien sowie die Wirksamkeit und Effektivität von Nahrungsergänzungen. Damit verbunden sind auch die nationalen Empfehlungen für die täglichen Bedarfswerte an Vitaminen und Mineralien (Referenzwerte), gestaffelt nach Alter und Geschlecht sowie Schwangerschaft und Stillzeit, die den allgemeinen Bedarf decken sollen. Erhöhte Aufnahmen einzelner oder mehrerer Mineralien können aufgrund von Alter, Lebensstil und Krankheiten empfehlenswert sein.
Vitamine und Mineralien werden aus der Ernährung aufgenommen, die bei vielen Menschen sehr unterschiedlich ist. Die Bevorzugung von tierischer oder pflanzlicher Nahrung lässt auf die Aufnahmen einzelner Mikronährstoffe schließen oder weist auf Defizite hin. So liefern tierische Lebensmittel den größten Teil des (vorgebildeten) Vitamin A, Vitamin B12, absorbierbares Eisen und Zink sowie die Vitamine B1, B2 und B6. Daher lässt eine geringe Aufnahme tierischer Lebensmittel oder ihr Verzicht auf eine niedrige Aufnahme dieser Mikronährstoffe schließen. Der Bedarf an Eisen und Zink in der Nahrung kann z. B. bei Personen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, höher sein, da die Bioverfügbarkeit (Absorptionsfähigkeit) geringer ist. Das gilt besonders für den Bedarf an Vitamin B12, das in der vegetarischen Ernährung sehr gering enthalten ist.
Es kann schwierig sein, einzelne Defizite oder Mängel allein aus der Ernährung abzuleiten. Hinzu kommt, dass einzelne Lebensmittel mit bestimmten Mineralien angereichert werden und viele Menschen auch Nahrungsergänzungen mit Mikronährstoffen aufnehmen, was die angemessene Bewertung der Versorgung deutlich erweitern kann. Die individuelle Versorgung mit Vitaminen und Mineralien lässt sich zum Teil in Blutuntersuchungen ermitteln, es gibt für einige allgemein vereinbarte Grenzwerte, die einen Mangel, eine Erschöpfung oder einen marginalen Status anzeigen. Doch nicht alle liefern schlüssige Ergebnisse (z. B. Zink), und über einige Werte wird nach wie vor diskutiert, z. B. über die Grenzwerte für den Mangel an Vitamin D oder dessen optimale Versorgung. Die Bewertung einzelner Mikronährstoffe kann mit Hilfe von Biomarkern verbessert werden, so zeigt z. B. das C-reaktive Protein (CRP) Entzündungen an, die mit einigen Mikronährstoffen verbunden sind. Die Aufnahmen von Vitaminen und Mineralien werden in
vielen Bevölkerungsstudien untersucht. In einzelnen Ländern, Altersgruppen und anderen Gruppen der Bevölkerung zeigen sich dabei oft eine Reihe von Defiziten. Eine kürzlich durchgeführte globale Analyse zeigte, dass jede zweite Frau in Großbritannien und jede dritte in den USA mindestens einen Mangel an Mikronährstoffen aufweist.
Der häufigste Mangel war Eisen, von dem jeweils 20 % der Frauen betroffen waren. Die Einnahme von Nahrungsergänzungen kann die Gesundheit verbessern, das ist inzwischen für viele Bereiche akzeptiert. So können z. B. Kalzium und Vitamin D das Knochensystem stärken und bei der Verringerung des Knochenschwunds unterstützen. Die Folsäure, idealerweise bereits bei Kinderwunsch ergänzt, kann zu einem verringerten Risiko für die Entwicklung des „offenen Rückens" (Spina bifida) beim Fötus beitragen, die häufigste Ursache für angeborene Fehlbildungen und Körperbehinderungen nach der Geburt. Eine Mischung der Vitamine C und E, Kupfer, Zink, Lutein und Zeaxanthin kann zur Verlangsamung der altersbedingten Makuladegeneration beitragen.
Die Ergänzung von Mikronährstoffen ist allgemein empfehlenswert, wenn der Bedarf allein über die Ernährung nicht gedeckt wird. Hinzu kommt, dass es bei vielen Menschen einen erhöhten Bedarf an einzelnen oder mehreren Vitaminen und Mineralien aufgrund von individuellen Bedingungen gibt. Ein erhöhter Bedarf entsteht z. B. häufig durch das Wachstum, durch chronische Krankheiten oder Einnahme von Medikamenten, in der Schwangerschaft und Stillzeit, im höheren Alter und durch Malabsorption. Vor allem bei Krankheiten sollte die Aufnahme von Mikronährstoffen nicht ohne therapeutische Empfehlungen erfolgen, um geeignete Ergänzungen und Dosierungen zu bestimmen. Zu berücksichtigen ist bei der Wirkung auch, dass sich die Behebung von Mängeln an Mikronährstoffen über eine längere Zeit ausdehnen kann.
Grundsätzlich gilt, dass für die Beurteilung des Mikronährstoff-Status die Untersuchung der üblichen Ernährungsweise wichtig ist. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Weglassen bestimmter Lebensmittel, die das Risiko einer unzureichenden Aufnahme von wichtigen Mikronährstoffen erhöhen können. Neben einer zu geringen Aufnahme von bestimmten Mikronährstoffen aus der Nahrung erhöhen andere Faktoren, z. B. Malabsorption, Darmoperation, zu hoher Alkoholkonsum, bestimmte Medikamente, Anorexie und perniziöse Anämie (durch Mangel an B12) das Risiko eines Mangels an Mikronährstoffen. Ihr Einfluss auf die Gesundheit und Entstehung von Krankheiten ist sehr komplex, in vielen Fällen bereits deutlich erkannt, in anderen noch nicht eindeutig geklärt. Hier sind künftig weitere Forschungen nötig, um den Nutzen von Nahrungsergänzungen noch umfassender zu untersuchen.
Quelle:
Lindsay H. Allen, Micronutrients - Assessment, Requirement, Deficiencies, and Interventions. In: NEJM, online 05.03.2024, doi: 10.1056/NEJMra2314150.