Mikronährstoffe haben viele Funktionen im Körper, sie wirken auch auf das Gehirn und seine Leistungen ein. Das könnte Möglichkeiten eröffnen, die kognitiven Leistungen im Alter zu unterstützen. Ein Review stellt dazu neuere Erkenntnisse vor.
Mit einer zunehmend älteren Bevölkerung nehmen der Abbau kognitiver Leistungen und die Vorkommen von Demenz, vor allem mit ihrer häufigsten Form der Alzheimer-Krankheit, zu. Da es bisher keine Heilung gibt, ist es von entscheidender Bedeutung, Mittel und Methoden zur Verringerung des Risikos kognitiver Beeinträchtigungen zu erforschen, um ihr Fortschreiten zu verlangsamen. Viele Alzheimer- und andere Demenz-Krankheiten könnten vermieden oder zumindest hinausgezögert werden (ca. 40 % der Fälle), davon gehen Wissenschaftler heute aus. Es gibt zahlreiche Hinweise, dass eine Reihe von Inhaltsstoffen in Nahrungsmitteln an der Verringerung des Demenz-Risikos beteiligt sein könnten.
Vitamine erfüllen viele körperliche Funktionen, das gilt auch für das Gehirn, dazu gehört der Schutz vor Schäden durch freie Radikale. Im Zusammenhang mit Alzheimer könnten Sauerstoffradikale eine wichtige Rolle für neuronale Schäden spielen, wie neuere Forschungen zeigen. Bei Vitamin A konzentrierte man sich in der Forschung u. a. auf seine Funktionen zur Kontrolle der Bildung von Amyloid-Plaques (bestimmte Protein-Ablagerungen im Gehirn), eines der Kennzeichen von Alzheimer. Auch die Vitamine C und E werden mit Demenz in Verbindung gebracht, da sie als Antioxidantien wirken, die Neurotransmitter aufrechterhalten können. Im Gehirn übernehmen die B-Vitamine wichtige Aufgaben. Dazu gehören die Synthese von Neurotransmittern, Erhaltung der Nervenzellen und Anpassung von Homocystein, eine Aminosäure, die im Übermaß schädlich wirken kann.
Das vielseitige Vitamin D soll dazu beitragen, die Integrität der Blut-Hirn-Schranke zu modulieren und Entzündungen des Nervengewebes (Neuroinflammation) zu verringern. Bei diesem breiten Spektrum liegt die Annahme nahe, dass Vitamine einige Prozesse der Demenz-Entwicklung im zentralen Nervensystem beeinflussen könnten. Zu den Ernährungsfaktoren, die für neuronale Strukturen und Funktionen als entscheidend gelten, gehören weiter die mehrfach ungesättigten Fettsäuren, darunter vor allem die Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) aus Fischölen. In den letzten Jahren wurden auch Probiotika mit der Demenz in Verbindung gebracht. Die gesunden Darmbakterien wirken sich auf die Darmgesundheit aus und können vermutlich über die Darm-Hirn-Achse die Funktionen des Gehirns beeinflussen. Das Potenzial von Mikronährstoffen zur Erhaltung und Förderung der kognitiven Gesundheit wurde häufig untersucht, dennoch ist bisher unklar, ob sie den kognitiven Abbau bei älteren Personen deutlich verzögern können.
An vielen dieser Studien waren Erwachsene im mittleren und höheren Alter beteiligt, woraus sich die direkte Wirkung auf ältere Menschen nicht ohne weiteres ableiten lässt. Eine Gruppe US-amerikanischer Forscher wertete in einem Review nur Studien zu den kognitiven Leistungen bei älteren Personen aus. Geprüft wurden Arbeiten aus den letzten 20 Jahren, in denen die Wirksamkeit von Ernährungs-Interventionen zur Vorbeugung vor Demenz und zur Verbesserung der kognitiven Funktionen bei Menschen ab 65 Jahren mit normaler Kognition, leichter kognitiver Beeinträchtigung oder Alzheimer untersucht wurden.
Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Nahrungsergänzungen wie Vitamin D, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Probiotika mit einem verringerten kognitiven Abbau und einem geringeren Demenz-Risiko bei älteren Personen verbunden sind. Am Beispiel von Vitamin D lässt sich gut zeigen, warum die insgesamt recht heterogenen Studien die direkten Vergleiche erschweren. Die Forscher konnten zu Vitamin D drei klinische und zwei Bevölkerungsstudien über mehrere Jahre auswerten. Letztere zeigten eine positive Wirkung, die sich in den kurzfristigeren klinischen Studien nicht bestätigen ließ. Die Studien setzten unterschiedliche Dosen von Vitamin D ein, das reichte von Hochdosen bis zu Dosierungen, die unter den Empfehlungen für den täglichen Bedarf lagen. Nur eine große Studie mit mehr als 4.000 Teilnehmerinnen konzentrierte sich auf die Beurteilung des Vitamin-D-Spiegels im Serum über einen Zeitraum von drei Jahren.
Dabei wurde die Dosierung bei Bedarf angepasst, um die angestrebte Konzentration von 30 ng/ml Vitamin D im Serum zu erreichen, was als optimaler Zielwert gilt. In dieser Studie wurde bei den Frauen auch festgestellt, dass Ergänzungen einer relativ geringen Dosis von 400 I.E. Vitamin D3 (die Hälfte der in Deutschland empfohlenen Tagesdosis) keine signifikanten Effekte auf die kognitiven Leistungen hatte. Bei den mehrfach ungesättigten Fettsäuren zeigten fünf von acht Studien signifikante Zusammenhänge zwischen den Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA und einem verringerten Risiko für den Abbau der kognitiven Leistungen. Für Probiotika zeigten sich vielversprechendere Ergebnisse, drei Studien wiesen auf einen Zusammenhang zwischen der Darm-Mikrobiota und verbesserten kognitiven Leistungen hin.
Im Gegensatz dazu zeigten die Vitamine A, B, C und E allgemein keine signifikanten Wirkungen. Das lag u. a. daran, dass keine Studie die von den Forschern aufgestellten Kriterien für die Analysen erfüllte. Sie prüften stattdessen in fünf Studien den Zusammenhang zwischen Antioxidantien und Demenz und prüften die wesentliche Rolle, die Antioxidantien bei der Entstehung zugeschrieben wird. Auch hier zeigten sich insgesamt keine positiven Wirkungen. Doch einige Studien heben die potenziellen Wirkungen von Vitamin E aus der Nahrung sowie der Werte von Vitamin A und C im Serum bei leicht verringerten, kognitiven Leistungen und Alzheimer hervor. Weitere Studien sind erforderlich, um die Wirkungen von Antioxidantien auf einen verzögerten Demenz-Beginn bei älteren Erwachsenen zu untersuchen.
Die Forscher ziehen das Fazit: Die Überprüfung von relevanten Studien lieferte eine solide Grundlage zum Beitrag von Mikronährstoffen zur Modulation des Fortschreitens von leichten kognitiven Beschränkungen und Alzheimer. Die gute Versorgung mit Vitamin D, Probiotika und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, besonders der Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, sind tendenziell hilfreich, um kognitive Abbauprozesse zu verzögern und das Demenz-Risiko zu verringern. Die Ergebnisse für die Vitamine A, C und E sowie die B-Vitamine sind dagegen bisher nicht vielversprechend genug.
Die Forscher machen Vorschläge, die künftig in Studien zur Beziehung von Mikronährstoffen und Entwicklungen von kognitiven Leistungen sowie Demenz-Krankheiten im Alter berücksichtigt werden sollten. Dazu gehört neben längerfristigen Studien vor allem, dass ältere Erwachsenen in eine frühe (65–74), mittlere (75–84) und späte Altersgruppe (ab 85) eingeteilt werden, die jeweils spezifische und individuelle Bedürfnisse an Mikronährstoffen haben. Einbezogen werden sollten auch die Risiken für Demenz-Krankheiten, um die Prävention und Therapie mit einer gesunden Ernährung samt wichtigen Mikronährstoffen wirksam und nachhaltig zu unterstützen.
Quelle:
Qi Fu et al., Supplementation and Mitigating Cognitive Decline in Older Adults With or Without Mild Cognitive Impairment or Dementia: A Systematic Review. In: Nutrients, online 18.10.2024, doi: 10.3390/nu16203567.