SAM, die aktive Form der Aminosäure Methionin, wirkt antioxidativ und antientzündlich. Es unterstützt Funktionen im zentralen Nervensystem und kann auf Depressionen und Angstzustände einwirken, wie ein Review zeigt.
Psychische Erkrankungen, z. B. Depressionen und Angstzustände, sind weit verbreitet, nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist jeder achte Mensch davon betroffen. Die Wirksamkeit von Standardtherapien (z. B. Antidepressiva) ist oft nicht optimal, viele der eingesetzten Medikamente können unerwünschte Wirkungen haben, z. B. Gewichtszunahmen, Übelkeit/Erbrechen und sexuelle Dysfunktionen. Daher besteht ein Bedarf an Therapie-Möglichkeiten, die sowohl sicher als auch wirksam sind, um die Situation der Patienten zu verbessern.
Eine Rolle könnte dabei S-Adenosylmethionin (SAM), die aktivierte Form der Aminosäure Methionin, spielen. Es kann sich möglicherweise positiv auf verschiedene Bereiche des Körpers auswirken, einschließlich des zentralen Nervensystems (ZNS). SAM ist vor allem für seine Rolle als Methylspender bei einer Reihe biologischer Prozessen bekannt. Dazu gehört u. a. die Ausschüttung von Neurotransmittern (z. B. Dopamin, Noradrenalin, Serotonin), die Stimmungen heben und kognitive Prozesse unterstützen können. Bei ZNS-Symptomen, z. B. bei schwereren Depressionen, ist die Wiederauffüllung verbrauchter Neurotransmitter wichtig. Bisher sind jedoch die positiven Auswirkungen von SAM auf Depressionen und andere Gemütskrankheiten nicht vollständig geklärt. Bei Patienten mit schweren depressiven Störungen wurden niedrige SAM-Spiegel festgestellt, während höhere Spiegel zu verbesserten Symptomen führen können. Berichte über die Verwendung von SAM bei ZNS-Symptomen zeigten unterschiedliche Ergebnisse. Positive Wirkungen von SAM könnten u. a. auf seinen antientzündlichen Eigenschaften beruhen.
SAM ist der wichtigste Präkursor der Glutathion-Synthese (Tripeptid aus drei Aminosäuren), das durch die Beseitigung von freien Radikalen zelluläre Entgiftungen fördert. Eine Gruppe von US-amerikanischen Forschern stellte die aktuellen Kenntnisse vor, wie sich SAM auf bestimmte ZNS-Zustände (z. B. Stimmung, Verhalten, Depression, Angst) auswirkt. Sie prüften auch, ob sich daraus Hinweise für optimale Dosierungen und die Sicherheit ableiten lassen. Nach einer umfassenden Recherche konnten die Forscher dazu 36 qualitativ gute Studien auswerten.
Insgesamt war SAM in 24 von 36 der Studien wirksam. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass SAM einen potenziellen Nutzen bei ZNS-bedingten Symptomen zeigt, wobei schwere Depressionen am häufigsten untersucht wurden. SAM zeigte sowohl einzeln angewendet als auch in Ergänzung zu Antidepressiva eine Wirksamkeit, in einigen Studien gab es zumindest keine signifikanten Unterschiede. Auch verbesserte Stimmungen wurden beobachtet. Generell ist die Wahl der medikamentösen Therapie von schwereren Depressionen eine heikle Abwägung zwischen Wirksamkeit und Sicherheit. Da SAM in einer Reihe von Fällen eine Gleichwertigkeit mit Antidepressiva in Bezug auf die Wirksamkeit nachgewiesen hat, könnte es eine Option für Patienten sein, die unerwünschte Wirkungen reduzieren oder vermeiden möchten.
Außer bei Depressionen zeigte SAM trotz einer begrenzteren Anzahl von Studien auch bei anderen ZNS-Beschwerden einigen Nutzen. Bei Patienten mit Angstzuständen oder auch bei Schizophrenie wurden einige verbesserte Symptome beobachtet. Dagegen zeigte sich in einer Studie kein Nutzen für die Symptome von Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS). Bei den teils unterschiedlichen Ergebnissen sind einige Faktoren zu berücksichtigen. Ein Teil der variablen Ergebnisse lässt sich z. B. durch unterschiedliche Dosierung, SAM-Formulierung, Patientengruppen und Krankheitszustände erklären. Außerdem wurde SAM in verschiedenen Kombinationen untersucht, z. B. zusammen mit Antidepressiva, Probiotika (Laktobazillen) oder anderen Nahrungsergänzungen. Hinzu kommt, dass SAM ähnlich wie Antidepressiva einige Zeit braucht, um seine vollen Wirkungen auf die Stimmung zu entfalten. Allgemein zeigte sich für SAM ein angemessenes Sicherheitsprofil.
Unerwünschte Wirkungen bestanden allenfalls aus leichten, vorübergehenden Magen-Darm-Störungen oder Kopfschmerzen. In Bezug auf die Dosierung ist es wichtig, dass SAM als hormetischer Nährstoff gilt, da es eine biphasische Dosisreaktion zeigt. In niedrigen bis mäßigen Dosen weist SAM aufgrund seiner Rolle bei der Aufrechterhaltung der zellulären Redox-Homöostase und der Modulation von Stressreaktions-Genen starke antioxidative und antientzündliche Eigenschaften auf. Das unterstreicht seine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von oxidativem Stress und Neuroinflammation. Hohe SAM-Dosen können jedoch schädlich wirken und z. B. die antioxidativen Abwehrkräfte hemmen. Daher hängt die Wirksamkeit von SAM auch von einer sorgfältigen Dosierung und Ausgewogenheit ab.
Auf der Grundlage verfügbarer Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit wird z. B. empfohlen, bei leichten bis mittelschweren Depressionen eine Anfangsdosis von 200 mg bis 800 mg SAM und bei resistenten oder nicht remittierenden Depressionen eine Dosis von 800 mg SAM täglich in ein bis zwei geteilten Dosen zu erwägen. Bei Patienten, die gleichzeitig Medikamente einnehmen, die den Serotonin-Spiegel erhöhen können, ist eine niedrigere Anfangsdosis angezeigt.
Die Forscher ziehen das Fazit: Die Auswertung der Studien zeigte, dass die bisherigen Erkenntnisse darauf hindeuten, dass SAM depressive Symptome sowohl als Monotherapie als auch in Verbindung mit einer antidepressiven oder nutrazeutischen Therapie verbessern kann. Bei vielen Patienten kam es durch die Einnahme von SAM allein oder in Kombination mit einer Therapie zu einer Verbesserung der ZNS-Symptome. SAM könnte eine nützliche Option sein, wenn andere Therapien versagen, ungeeignet sind oder die Patienten einen nutrazeutischen Ansatz bevorzugen. In künftigen Studien sollten die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von SAM bei Depressionen weiter geprüft werden. Dazu gehört z. B., die Wirkungen von SAM im Zusammenspiel mit anderen Therapien besser zu verstehen und optimale Dosierungen zu gewährleisten.
Quelle:
Kyrie Eleyson R. Baden et al., S-Adenosylmethionine (SAMe) for Central Nervous System Health. A Systematic Review. In: Nutrients, online 18.9.2024, doi: 10.3390/nu16183148.