Melatonin und die altersabhängige Makuladegeneration

Für Melatonin wurden bereits einige Wirkungen auf die altersabhängige Makuladegeneration nachgewiesen. Eine neue Studie zeigt nun, dass die Einnahme von Melatonin mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung und das Fortschreiten dieser Augenkrankheit verbunden sein könnte.

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist eine degenerative Erkrankung des gelben Flecks (Macula lutea) der Netzhaut, die Stelle des schärfsten Sehens. Mit zunehmendem Alter kommt es zu Störungen im Zellstoffwechsel und dadurch bedingt zu Ablagerungen von Abbauprodukten, durch die die Sehfunktionen beeinträchtigt werden. Typisch für die AMD ist, dass man in der Mitte des Gesichtsfeldes verschwommen, verzerrt oder nur einen dunklen Fleck sieht. Die Krankheit tritt vor allem ab dem Alter von 60 Jahren auf und wird in zwei Formen eingeteilt, in die trockene oder feuchte Makuladegeneration. Bei der leichteren, trockenen Form ist das Sehen meist nur gering eingeschränkt, die Krankheit entwickelt sich langsam, erst im späten Stadium verschlechtert sich das zentrale Sehen erheblich. 

Bei einem kleineren Teil der Patienten entwickelt sich aus der trockenen Form die feuchte Makuladegeneration, die schneller voranschreitet und die Sehfunktionen stärker beeinträchtigt. Zu den Risikofaktoren für die Makuladegeneration gehören z. B. Rauchen, Bluthochdruck, genetische Faktoren und eine ungesunde Ernährung. Einige Studien zeigten, dass antioxidative Mikronährstoffe, z. B. die Vitamine C, E und Zink sowie die sekundären Pflanzenstoffe Lutein und Zeaxanthin zum Schutz vor der Makuladegeneration beitragen können. Das könnte auch für Melatonin (Derivat der Aminosäure Tryptophan) gelten, ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert und zu den Neurotransmittern gehört. Melatonin hat weitere Funktionen, einige experimentelle Studien zeigten, dass es mehreren Prozessen entgegenwirkt, von denen bekannt ist, dass sie die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) beeinflussen. 

Das betrifft den oxidativen Stress bzw. durch ihn entstehende Schäden, die Bildung neuer, instabiler Blutgefäße in der Netzhaut und den Verlust regenerativer Funktionen der Netzhautzellen. Bisher ist jedoch ungeklärt, ob Melatonin auch das Risiko für die Entwicklung der Makuladegeneration beeinflussen kann. Eine Gruppe von Forschern aus den USA untersuchte nun den Zusammenhang zwischen Melatonin-Ergänzungen und dem Risiko der Entwicklung oder des Fortschreitens der AMD.


Sie nutzten dafür Daten aus der nationalen Datenbank TriNetX, die (anomysierte) Krankenakten von vielen stationären und ambulanten Gesundheitseinrichtungen in den USA enthält. Einbezogen waren ab 2008 rund 122.000 Personen ab 50 Jahren, die zu Beginn nicht von der AMD betroffen waren sowie rund 66.000 altersgleiche Personen, die an der trockenen AMD erkrankt waren. Sie wurden zur Einnahme von Melatonin befragt und entweder einer Melatonin-Gruppe oder einer Kontrollgruppe ohne Melatonin zugeordnet. Bei den nicht an AMD erkrankten Teilnehmern wurde geprüft, ob sie im Lauf der Beobachtungszeit (bis Ende 2023) an der AMD erkrankten. 

Bei den Teilnehmern mit der trockenen AMD wurde untersucht, ob sich bei ihnen die Krankheit mit der Zeit verschlimmerte. Die Auswertungen zeigten, dass die Einnahme von Melatonin allgemein mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung der AMD verbunden war. Bei den Teilnehmern in der Kontrollgruppe ohne AMD, die Melatonin eingenommen hatten (rund 5.000 Teilnehmer), zeigte sich, dass sie ein geringeres Risiko für die Entwicklung der AMD hatten. Bei den Teilnehmern mit der trockenen AMD, die Melatonin eingenommen hatten (rund 4.000 Personen), war dies mit einem verringerten Risiko für das weitere Fortschreiten zur feuchten Makuladegeneration verbunden. Diese Ergebnisse blieben auch in den Analysen von Untergruppen stabil, in die z. B. nur die älteren Personen ab 60 oder ab 70 Jahren einbezogen wurden.


Die Forscher ziehen das Fazit: Die Einnahme von Melatonin war sowohl mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung der Makuladegeneration als auch für ihr Fortschreiten verbunden. Nicht auszuschließen ist, dass möglicherweise einige Faktoren des Lebensstils diesen Zusammenhang beeinflusst haben könnten, was im Rahmen dieser Studie nicht ermittelt werden konnte. Dennoch liefern diese Ergebnisse eine Perspektive zur Wirksamkeit von Melatonin als eine mögliche Prävention vor der Makuladegeneration, die weiter erforscht werden sollte.

Quelle
Hejin Jeong et al., Melatonin and Risk of Age-Related Macular Degeneration. In: JAMA Ophthalmology, online 6.6.2024, doi: 10.1001/jamaophthalmol.2024.1822.

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